CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Martin Darvill And Friends - Greatest show on earth
(68:46, Mystic Records, 1998)
Liegt es an dem unbescheidenen Titel, dass ich nach dem ersten Durchlauf denke, man will mich mit diesem Album veräppeln? Was hier alles an Neo Prog Klischees der übelsten Sorte bedient wird, ist wirklich haarsträubend. Schon das Inlet hinterlässt einen reichlich konfusen Eindruck. Wer malträtiert mich denn hier nun mit diesem höchst gewöhnlichen Neo Prog? Martin Darvill heißt der Hauptverantwortliche wohl, der hier mit einer Vielzahl von Freunden, vorwiegend aus dem Neo Prog Geschäft, antritt. Er glaubt anscheinend, Namen wie John Wetton (kann man mit dem Mann eigentlich noch Prog-Fans locken? - mich jedenfalls nicht), Orford, der unvermeidliche Nolan, Jowitt, (Wunder-Schlagzeuger) Pointer, Groom, Barrett und so weiter (sogar Al Stewart ist auf einem Liedchen zu hören) garantieren ein gutes Album und entsprechende Verkaufszahlen. Na ja! Im ersten Durchgang ging das komplette Album völlig an mir vorbei, mittlerweile bin ich zumindest bereit zuzugeben, dass ein paar halbwegs nette Songs dabei sind. Es mangelt nicht an den Neo Prog typischen Gitarrensoli und den charakteristischen Tastenläufen - manchmal eigentlich gar nicht so schlecht, doch oft eben grässlich kitschig, und manche Gesangs- und Instrumentalarrangements wirken einfach nur platt und abgedroschen. Natürlich darf auch nicht der typische Longtrack fehlen, hier in Form des 18-minütigen Titelsongs, den Herr Wetton mit seiner Stimme zu vergolden versucht - und der dann tatsächlich auch einige gute Momente aufzuweisen hat. Eine Vielzahl von Sängern und Gastmusikern sollen ein abwechslungsreiches Album garantieren, was angesichts der Kompositionen aber für meinen Geschmack mächtig in die Hose geht. So auch der Einsatz eines Kinderchores - Kitsch in Vollendung. Dieses harmlose Tralala-Album ist vermutlich nur für den hartgesottenen Neo Prog Fan interessant. Es gibt Platten, bei denen man nicht wirklich erklären kann, warum man sie so sehr mag bzw. nicht mag. Bei diesem Album ist es halt so, dass mir so ziemlich alles, was im Grunde genommen vielleicht nett gemeint war, recht sauer aufstößt. Ich habe mich jetzt zum dritten Mal durchgequält - keine Chance, ich find's einfach banal und nur in Ausschnitten akzeptabel. Eine Art Best of Neo-Prog-Kitsch.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 1999