CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Gian Castello - Taliesin
(42:11, Black Widow, 1999)
Huch, was ist denn jetzt passiert? Ganz im Gegensatz zu den sonstigen, düsteren und teilweise schwer verdaubaren Veröffentlichung des italienischen Labels Black Widow, ist ihre aktuellste Veröffentlichung eine Kehrtwendung um 180° Grad. Bei Gian Castello und seinen Begleitmusikern handelt es sich um einen Troubadour, der sich ganz den mittelalterlich geprägten, folkloristischen Klängen gewidmet hat. Und wenn selbst inzwischen Ritchie Blackmore seine E-Gitarre gegen eine akustische Klampfe getauscht hat, dann geht dieser Trend natürlich auch nicht ganz spurlos am Rest der Menschheit vorbei. So flötet es in allen erdenklichen Tonlagen, die Gitarre zirpt dazu ein paar Akkorde, die Melodien tirilieren in fröhlicher Kindlichkeit, verpackt wurde dies alles in einen mittelalterlichen Rahmen, ganz so wie man vor einigen hundert Jahren das fahrende Volk eben musizierte. Dies wirkt alles überaus stimmig, perfekt gemacht, dazu noch angenehmer Gesang, aber für den, der nach Rhythmik und Abwechslung lechzt, auf Dauer auch etwas langweilig. Bei dieser Traumwandlerei hängt eben einfach alles davon ab, ob man ein Träumer längst vergessener Klänge ist.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999