CD Kritik Progressive Newsletter Nr.27 (09/1999)
Sisyphos - Moments live
(66:30, Moon Records, 1999)
Gleich nach dem ersten Album eine Live CD folgen zu lassen, wirkt auf den ersten Eindruck recht eigenartig. Doch bei der Schweizer Band Sisyphos ist diese Tatsache wegen zwei Gründen nachvollziehbar. Zum einen erfreute sich "Moments" eines erfreulich guten Absatzes in Japan, zum anderen ist auf der Livescheibe der Gesang weniger vernichtend als beim Debüt, was die wirklich gute Musik nicht unerheblich aufwertet. Vom Livecharakter ist übrigens fast gar nicht zu merken, denn jegliches Geklatsche wurde herausgeschnitten, Gesang, Gitarre und Keyboards sogar im Studio nachbearbeitet Die Inspiration des Quartetts liegt im Dunstkreis der späten 60er, frühen 70er. Das bedeutet, dass es auch mal etwas rockiger, bluesiger zugeht, psychedelischer Einfluss aufkommt, aber vor allem die fette Schweineorgel ein nicht unerhebliche Rolle spielt. Und den Tastenpuristen der alten Töne wird es freuen, es gibt auch noch ab und zu etwas Mellotron zu hören. Die Musik wirkt wie eine Wiederbelebung der späten Doors ("L.A. woman") mit einer Spur Procol Harum und frühen King Crimson. Der progressive Einfluss besonders in den lang ausladenden Soloausflüge ist deutlich vernehmbar. Die Orgel wird gegenläufig von der Gitarre getragen, ein recht abwechslungsreicher Rhythmusunterbau gibt der Mischung aus Tempo und spannender Dramatik mehr als nur beiläufige Unterstützung. Besonders in den längeren Titel wie z.B. "Some days in Spain" oder "The face" kommt die musikalische Stärke der Schweizer zum Tragen. Manko bleibt einzig der Gesang, der auf Dauer aber durchaus noch erträglich bleibt oder für den ein oder anderen die eher einfacher Ideen in den kürzeren Songs. Wer mit neuen Bands mit antiquierten Klänge wie z.B. Standarte etwas anfangen kann, für denn dürfte Sisyphos eine lohnende Entdeckung sein.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999