CD Kritik Progressive Newsletter Nr.26 (07/1999)
Schizophonia - Quaternaire
(52:07, Kendo 1999)
Ist musikalischer Ideendiebstahl eigentlich strafbar? Sollte dies so sein, so ist dem Duo Marco D. Miserocchi (Gesang, Flöte) und Marco Caldi (Gitarre, Bass, Keyboards, Programming) bei "Quaternaire" das Gefängnis schon fast sicher. Bei diesem Album wurde so offensichtlich und geradezu unverschämt bei Pink Floyd geklaut, dass es sich schon fast um das beste Pink Floyd Album handelt, welches nicht von Pink Floyd stammt. Immerhin bewiesen die beiden beim Gesang Eigenständigkeit, denn dieser ist trotz italienischer Namen in französisch. Pink Floyd in französisch, kann das gut gehen? Es kann und zwar sehr gut. Lässt man einmal den offensichtlichen Vorwurf des Plagiats bei Seite, dann ist dem Bandprojekt Schizophonia ein ausgezeichnetes, äußerst atmosphärisches Album gelungen. Trotz programmiertem Schlagzeug fällt dies keineswegs negativ auf, zudem sorgen euphorische Gitarre in feinster Gilmour Manier, angenehmer Gesang und langgezogene, getragene Passagen für einen gefangennehmenden Höreindruck voller Gefühlsschwankungen. Doch tut man den beiden Marcos aus der Schweiz unrecht, wenn man sie nur des Diebstahls bezichtigt, denn nach dem sehr von "Dark side of the moon" Flair geprägten "Ecume" und dem von "A momentary lapse of reason" stammenden "Sorrow" angelehnten "Elèments", bringen die beiden auch francophiles Gefühlsleben ein. Der Titelsong wirkt wesentlich sinfonischer, beim folgenden Instrumental "Mégalithes" fließen neo-progressive Einflüsse in Melodik und Spielweise ein. Auch im weiteren Verlauf der CD gelingt der Drahtseilakt allseits bekanntes schmackhaft neu aufzubrühen. "Quaternaire" ist keineswegs nur eine hilflose Reproduktion scheinbar bedeutungsschwangere Fetzen, dennoch sollte man in Bezug auf Eigenständigkeit schon mehr als nur ein Auge zudrücken und keine neuen Ideen erwarten. Da aber viele genau nach so etwas lechzen, bekommen sie von Schizophonia genau das richtige Futter für die Ohren. Nicht innovativ, aber wirklich gut produziert, gespielt und komponiert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999