CD Kritik Progressive Newsletter Nr.25 (05/1999)

Pazop -The psychillis of a lunatic genius
(61:15, Musea, 1996)

Wer diese Scheibe kauft und sie hört, sagt unweigerlich als erstes dazu: "Endlich!" Denn dieses Werk, in dem es keinen Longtrack, keinen Bombast, nicht mal 'ne Gitarre und keine Düsternis gibt, ist schlichtgesagt ein Meisterwerk. Ich war immer skeptisch, wenn ich las, dass; die fehlende Gitarre von den restlichen Instrumenten ausgeglichen wird und ihr könnt jetzt auch ruhig skeptisch sein, aber die Gitarre fehlt absolut NICHT. Um euch so richtig ärgern, erwähne ich nur ganz kurz, dass; ich nach den Songs so richtig rumzappeln kann. Habt ihr schon genug von der Platte? Ihr könnt gar nicht genug von der Platte bekommen. Es ist ein allerfeinster Progressiv Rock, den die Belgier hier präsentieren. Eingespielt 1972/73. Die Songs wurden nie auf LP gepresst, Musea sei Dank können wir dieses fast vollständige Vermächtnis (4 kommerzielle Tracks hat Musea weggelassen) einer grandiosen Band hören, die vor allem immer wieder äußerst witzige, humoreske Passagen in ihren jazzrockverseuchten, komplexen und allerfeinst instrumentierten und gespielten Artrock einfließen ließen. "Harlequin of love" gibt es in zwei Versionen, die erste erklingt in schräger King Crimson Tradition, die zweite hat eher ein gewissen Soulfeeling, könnte Rare Earth gewidmet sein. Aber gewidmet ist nicht, hier wird nicht gewidmet, hier wird Beispiel gegeben. Trotz völligen Fehlens einer Gitarre hat es einen heftigen Rock im Blut. Gutgewachsene Stimmbänder, geniale Drums, ständig solierende, unglaublich tolle, abstrakte Violine, Flöte, Tasten sind die Herrschaften. Der beste Song ist einer der kürzesten: hört's Euch nur an. "In the Army" ist nur 1:37 lang, ihr lacht euch kaputt. Die Ironie funktioniert (und hat was von Myrbein). Und wie die Songs aufgebaut sind, da brechen Passagen auseinander, um heftigen Rock einen reinen Jazz gebären zu lassen, um eine lyrische Flöte in einen spannenden Rockpart ausbrechen zu lassen, um eines Vocallinie den Charakter des Stückes völlig zu verändern. Überall sitzt eine "Schönheit" und Entspanntheit in den Songs, trotz schräger Töne, jazziger Intermezzi und selbst für Progressive Rock neuartiger, genialer kompositorischer Ideen. Um wem hier die Erwähnung fehlt, dass; es ja keinen Longtrack gibt, dem sei gesagt, dass; er doof ist. Was mir nun fehlt, sind die 4 kommerziellen Tracks...

Volkmar Mantei



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