CD Kritik Progressive Newsletter Nr.25 (05/1999)

Megace - Inner war
(52:03, Angular Records, 1999)

Huch! Was ist denn jetzt mit Angular Records los? War das Label bisher eher für seine melodische Neo Prog Schiene bekannt, so macht Chef Stefan H. Kost jetzt, vor allem mit seinen durchtriebenen Kritiken im Empire und auch durch die letzte Anzeigenkampagne, keinen Hehl aus seiner Vorliebe für Deftigeres. Logische Konsequenz: seine neueste Produktion sorgt für den programmatischen Kulturschock, der Harmoniesüchte wird erheblich verschreckt sein. Doch das ist gut so! Megace heißt die Krachcombo aus Hamburg und sie spielen Progressive Thrash. Aber auch der Rest der Produktion klingt nicht schlecht: Aufgenommen wurde im Arschweh Studio, mitproduziert haben Dirk Schlächter (Gamma Ray) und Charlie Bauerfeind (Blind Guardian). Warum gibt es eigentlich nur im Heavybereich so viele geile, abgefahrenen Namen? Doch nun zur Kunst in Flammen, sprich der Musik. Sängerin Melanie Bock bellt, grunzt und kreischt ins Mikrofon, meist englisch, bei zwei Titeln ("Schweißnaht", "Affengesicht") auch in deutsch, dagegen wirkt die ex-Warlock Shouterin Doro Pesch wie eine lahme Gebetsschwester. Dennoch lässt sie auch des öfteren in den hohen Tonlagen oder in den wenigen ruhigen Momente stimmliche Tiefe und Variabilität durchscheinen. Dazu donnern Bass, Gitarre und Schlagzeug wie ein Panzer mit Auspuffschaden. Doch glücklicherweise steht vorm Thrash noch das Wörtchen Progressive. Und das macht Megace doch zu etwas Besonderem. Neben dem Holzhammer gibt es nämlich dem Gothic entliehene, sehr dichte Atmosphäre (düstere Keyboardteppiche, gelegentlicher Gruselcharakter), verzwackte, recht sprunghafte Arrangements (erinnern stilistisch etwas an Sieges Even), sowie mit dem Police Klassiker "Synchronicity" eine wirklich eigene Interpretation, die gegenüber dem Original durch mehr Tempo und nötige Härte überzeugt. Heavy Mucke mit harten, schnellen, schrillen, fast schon brutalen Attacken, die sicherlich nicht etwas für jedermanns Geschmack ist. In der Metalszene sorgen Megace mit "Inner war" aber für den Tritt in den Arsch (Aber, aber doch nicht so ordinär!) und den nötigen frischen Wind.

Kristian Selm



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