CD Kritik Progressive Newsletter Nr.25 (05/1999)
Ibis - Ibis
(38:27, Polydor, 1975)
Ab und zu kommt beim italienischen Label Mellow Records doch noch etwas Brauchbares heraus. Bezeichnenderweise handelt es sich bei Ibis gleichnamigen Longplayer aber um ein Reissue, welches ursprünglich bei Polydor erschien. Wie so viele guten 70er Scheiben, schlummerten die Originalaufnahmen wohl in einem finsteren Verliess, nie die Chance habend, das Tageslicht wieder zu erblicken. Ob es sich bei vorliegender CD nun um einen Bootleg oder eine offizielle Wiederveröffentlichung handelt, ist aus den Liner Notes des Booklets nicht zu erfahren, zumindest die Soundqualität ist erste Sahne, was den vollen Hörgenuss gewährleistet. Ibis formierten sich Mitte der 70er aus ehemaligen Mitgliedern der New Trolls und sind typische Vertreter des gepflegten Italo Progs jener Zeit. Schwungvolle Rhythmen, sinfonische Anleihen, fordernde Gitarren, mediterrane Dynamiksprünge und warme, aber druckvolle in leicht angestaubter Manier blökende Keyboards. Dazu expressiver Gesang in Landessprache, hier und da klingt etwas Verwandtschaft zu Yes durch. Diese Mixtur aus Hard und Progressive Rock weiß auf Anhieb zu gefallen. Als einzige Stilbrüche gibt es mit dem englischsprachigen "Dedicated to Janis Joplin" einen waschechten Blues, bei dem zum Abschluss Joplins "Piece of my heart" zitiert wird, während "Keep on movin'" als krachender Blues Rocker zündet. Zwar sind Ibis auf ihrem absolut empfehlenswerten Debüt "Sun supreme" um eine Spur mitreißender, mit ihrem titellosen Nachfolger gehören sie aber immer noch zur vordersten Sperrspitze italienischer Bands aus den 70ern. Nostalgie pur!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1999