CD Kritik Progressive Newsletter Nr.25 (05/1999)

Fiori / Sèguin - Deux cents nuits à l'heure
(47:41, Sony Musique, 1977)

Ich habe lange überlegt, ob ich zu dieser CD überhaupt eine Rezension verfassen soll. Der Grund meines Zögerns lag vor allem an den nahezu zwei Jahren, die mein Dealer zur Beschaffung dieses Tonträgers benötigte. Dazu noch eine Kuriosität am Rande. Ich hatte es eigentlich schon aufgegeben, jemals ein Exemplar dieser Produktion in den Händen zu halten, als ich doch tatsächlich auf einem Konzert in Holland die Vinyl-Ausgabe erstaunlich günstig ergattern konnte. Überglücklich über dieses Schnäppchen bekam ich zwei!! Tage drauf einen Brief von meinem "Versorger", dass die bestellte CD nach über zwei Jahren endlich eingetroffen sei und ob ich noch an einer Abnahme interessiert wäre. Aber das nur am Rande. Kommen wir also zum Wesentlichen. Serge Fiori ist vielleicht dem einen oder anderen als Mitglied der in unseren Breitengraden wohl relativ unbekannten Francokanadischen Band Harmonium bekannt, die zwischen 1973 und 1976 vier wirklich wunderschöne Alben veröffentlichte, auf die ich vielleicht in einer der nächsten Ausgaben noch einmal näher eingehen werde. Unter der Mithilfe seines Musikerkollegen Richard Séguin und einigen Leuten aus dem näheren Harmonium Umfeld entstand somit 1977 dieses Album. Stilistisch ist "Deux cents" in der Nähe der Harmonium-Alben anzusiedeln, also eine Mischung aus etwas Progressive Rock, ein wenig Folk, eine Prise Jazz und Chanson. Das Ganze harmoniert wirklich wundervoll miteinander und ich möchte betonen, dass ich keine andere Gruppe bzw. Musiker kenne, die in irgendeiner Form mit Fiori/Sèguin oder Harmonium vergleichbar wären. Die Stimmung der einzelnen Songs schwankt zwischen unbeschwerter Ausgelassenheit und leichter Melancholie. Gerade die seufzende Stimme höherer Tonlage von Serge Fiori passt wirklich ganz hervorragend ins Bild, besonders bei den gemäßigten und verträumten Passagen. Diese CD weckt Sehnsüchte in mir und man wünscht sich, dass die musikalische Reise nie enden möge. Es werden keine Instrumentalorgien benötigt, um die Klasse der Musiker bzw. der Kompositionen aufzuwerten. Für nicht francophile Ohren oder dem Prog-Puristen könnte die CD etwas gewöhnungsbedürftig sein. Wer sich aber mal auf eine etwas anders klingende CD einlassen möchte und der französischen Sprache nicht abgeneigt ist, der sollte mal ein Ohr riskieren, vorausgesetzt er hat das Glück in den Besitz dieser Scheibe zu kommen.

Jürgen Durau



© Progressive Newsletter 1999