CD Kritik Progressive Newsletter Nr.25 (05/1999)
Finneus Gauge - One inch of the fall
(68:34, Train Records, 1999)
Auch die zweite CD der fünf Amis Finneus Gauge führt den Stil ihres Erstlingswerkes weiter. Komplexe Echolyn-ähnliche Keyboards treffen auf eine dudelige Allan Holdsworth-Gitarre, mehrstimmigen Gesang mit Dame und leichte Gentle Giant-Einflüsse. Wie bisher, so ist auch hier ein gewisser Jazz-Einschlag, insbesondere durch die Gitarre hervorgebracht, nicht zu verleugnen. Trotzdem liegt der Schwerpunkt der Musik schon ganz klar auf Prog. Alle Songs sind zwar laut Booklet "written" und "arranged by Finneus Gauge", trotzdem werden die Kompositionen maßgeblich von Mastermind Chris Buzby an den Keyboards beeinflusst, der auch schon Echolyn's Sound mitformte. Was mich etwas stört, obwohl ich die Platte im Gesamten gesehen sehr gut finde, ist das langsame Zurückdrängen der Keyboards durch die E-Gitarre. So fehlen mir oft etwas die Tastensoli und die Gitarre nimmt ab und zu leicht überhand, was der ganzen Musik eine etwas kühle Atmosphäre beschert. So geschehen in "Golden Pretzel", wo Scott McGill am Schluss minutenlang nur das Griffbrett rauf und runter dudelt. Das ist einfach total übertrieben und der Genuss seines Könnens wird da nur selbst persifliert. Das ist so, und das hat sicher schon jeder erlebt, wie wenn man eine Sektflasche schlecht öffnet, das Zeug schießt raus und man setzt die Flasche an den Mund, um das kostbare Nass nicht verschwenden. Effekt: im Mund schäumt es so auf, das es einem fast aus der Nase wieder herauskommt. Genauso perlen einem hier die Noten entgegen, das ist einfach zuviel. Ach, wenn wir grad schon beim rummosern sind - also genau dieser letzte Titel, was soll denn der Quatsch? Bis 6:30 ein wirklich gutes Lied, von dem Gedudel (siehe oben) abgesehen. Dann auf einmal Stille, die 13 min währt und am Ende dann noch etwas Pfeifen, Selbstgespräche und schlechter Gesang. So kommt das Lied dann tatsächlich auf 23:54 min! Ansonsten ist die Scheibe aber wieder mal ein kleiner Leckerbissen aus den USA, wo in letzter Zeit die wirklich innovativen Bands herkommen. Für die meisten Leute aber wahrscheinlich zu schräg und zu wenig stimmungsvoll bzw. bombastisch.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1999