CD Kritik Progressive Newsletter Nr.25 (05/1999)
Europa String Choir - RealPromoDemo
(22:34, Privatpressung, 1998)
Hochinteressantes Minialbum der Fripp-Zöglinge und Discipline Global Mobile-Künstler vom Europa String Choir. Die vier Musiker aus drei europäischen Ländern (D, I, GB) bieten eine spannende Fusion von akustischer Musik (à la California Guitar Trio) und elektronischer Musik (Robert Fripp, Brian Eno et al.). Das "RealPromoDemo" ist bestimmt kein herkömmliches Promo-Demo, auch wenn es der Titel des Albums beteuert und auch wenn es so daherkommt: Spartanische (aber geschmackvolle) Verpackung und ein Booklet, dass über das ESC und die Musiker informiert. Dem zum Trotz ist es für den Hörer ein recht ausgereiftes Minialbum. Da das Europa String Choir nicht unbedingt zu den bekanntesten Formationen zählt, mag es an dieser Stelle genügen, sie mit Acts wie dem Kronos Quartet und dem Penguin Cafe Orchestra zu vergleichen - oder anders gesagt, das ESC verbindet klassische und nicht-klassische Musik - die Einflüsse sind hier mannigfaltig: Rock, Jazz, Folk, Ambient - fast alles lässt sich in der Musik wiederfinden, ja, bisweilen erinnert ihre Musik auch an die (instrumentale) Musik von Eddie Jobson, nicht zuletzt wegen der 6-string Violectra, einer elektrischen Viola, die Cathy Stevens so hingebungsvoll spielt. Der Opener "Hot Metal" ist wundervoll, ein hoch dynamisches Stück und ein perfekter Opener dazu, der den Zuhörer von Anfang an in seinen Bann schlägt. "East Street poets" präsentiert das ESC von seiner lyrischen Seite, derweil die Improvisation "Marching Ants" den Humor der Musiker unter Beweis stellt. "City of Rome" ist recht pittoreske - man kann Rom förmlich sehen: Ein Portrait der pulsierenden Weltstadt, fernab musikalischer (oder gar touristischer) Klischees. Die furios aufspielende Cathy Stevens an ihrer Violectra beweist ihre außergewöhnliche Virtuosität. In "St. Francis Waltz" präsentieren sich die vier von ihrer beschwingten (niemals kitschigen) Seite, in "Woodentops two" brillieren die beiden Gitarristen Alessandro Bruno und Udo Dzierzanowski an den Saiten. Die zweite Improvisation "Chains" zeigt ihr schöpferisches Talent, doch das wirkliche Meisterwerk verbirgt sich bis zuletzt: "Ten years" ist von atemberaubender Schönheit und Intensität, sehr dicht, geradezu hypnotisch. Ein Stück, dass trotz seiner Kürze (2:41) eine unglaubliche suggestive Kraft besitzt. Es ist bestimmt kein Zufall, dass der Komponist, der Warr-Gitarrist Markus Reuter mit "Taster" ein Solo-Debüt mit ähnlich beeindruckenden Stücken ablieferte. Ein ganz heißer Tipp für all jene, die anspruchsvolle moderne instrumentale Musik suchen, die sich an den üblichen Genres bedient, sie jedoch immer kreativ umdeutet und ausgestaltet.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 1999