CD Kritik Progressive Newsletter Nr.23 (12/1998)
Amon Ra - Precarious balance
(74:02, Privatpressung, 1998)
Bereits in anderen Magazinen wurde recht überschwänglich über das Debüt der aus Bamberg stammenden Amon Ra berichtet. Seit über acht Jahren musizieren sie in wechselnden Besetzungen zusammen, seit dem Frühjahr '96 ist man in der heutigen Besetzung aktiv. Nicht nur die lange Spielerfahrung, auch dass man mit Scott Balaban als gebürtigen Amerikaner über einen hervorragenden Sänger verfügt (der gerade in den ruhigen Parts Galahad Frontmann Stuart Nicholson sehr ähnlich klingt), sind deutliche, augenscheinliche Pluspunkte des Quintetts aus Franken. Vielleicht lag es aber an einer etwas zu überzogenen Erwartungshaltung, denn beim ersten Nebenbeianhören war ich von den von eingängigen und schönen Melodien durchzogenen, vielschichtigen Nummern dennoch leicht enttäuscht. Doch bereits der zweite Hördurchgang, diesmal ohne Ablenkung und ganz auf die Musik konzentriert, erschließt mehr von der Mischung aus Melodic Rock und sinfonischem Progressive Rock. Die Freude am intensiven Zusammenspiel der fünf wird fühlbar. Die intensiven, weitausladenden Stücke, mit lyrischen, fantasymäßigen Texten gespickt, strahlen ein gehobenes Maß Souveränität und Eigenständigkeit aus. Mal schraubt sich die Gitarre leicht heavymäßig in euphorische Höhen, dann kann das federnde Keyboard Kontraste setzen. Über allem thront der wirklich gute Gesang (kommt ja bei vielen Bands eher selten vor). "Precarious balance" ist zwar kein grandioses Meisterwerk, verfügt aber über viele starke Momente. Der Rockcharakter ist vorherrschend, doch Pianopassagen, gelegentliche Akustikparts an der Gitarre und gereifte, teilweise sehr ruhige Songstrukturen, wie auch gelegentlich Breaks verleihen dem Album große Abwechslung und einen progressiven Anstrich. Von dieser Band wird man hoffentlich noch mehr hören.
Kristian Selm
Kontakt: Thomas Wenzel, Birkenstraße 3, 96120 Bischberg, Tel: 0951 / 65709
© Progressive Newsletter 1998