CD Kritik Progressive Newsletter Nr.23 (12/1998)
Björn Johansson - Discus ursi
(65:17, Discus Ursi, 1998)
Erst mal ein bisschen Gedächtnistraining. Wer kann mit dem Namen Björn Johansson etwas anfangen? Na, wer weiß es? Gibt leider nichts zu gewinnen und schon sehe ich enttäuschte Gesichter. Okay, verrate ich es eben gleich. Dem aufmerksamen Leser des PNL oder Leute mit phänomenalem Erinnerungsvermögen sollte dessen Zusammenarbeit mit Pär Lindh auf dem "Bilbo" Album einfallen. Wer's nicht wusste, darf zur Strafe nicht weiterlesen! Hallo, ist noch jemand da? Kommen wir also zu "Discus ursi", dem ersten Solowerk dieses schwedischen Multiinstrumentalisten. Ganz im Gegensatz zur ruhigen und folkloristischen Musik von "Bilbo" ist Johanssons Album sehr von den Wurzeln des Progressive Rocks der 70er geprägt, obwohl es auch wunderschöne Flötenausflüge zu belauschen gibt. Einziger Gastmitmusiker ist Pär Lindh (Keyboards und Schlagzeug), dazu gibt es noch mit Monika Fors und Johann Forsman zwei Gastsänger/innen. Forsman's Organ klingt in den ruhigen Passagen angenehm und warm, geht es jedoch virtuoser und druckvoller zur Sache, wirkt er reichlich unterkühlt und emotionslos, damit nicht unbedingt passend zur Musik. Was er aber bei "Pegasus" abliefert ist unter aller Kanone und entbehrt jeglichen Kommentars. Wo ist die Skip-Taste? Glücklicherweise ist er aber auf nur auf diesen zwei Liedern zu hören, seine Kollegin trällert nur klassisch verhalten im Hintergrund. Obwohl Johansson insgesamt 28(!) verschiedene Instrumente spielt, so ist es doch hauptsächlich die elektrische Gitarre, die Akzente setzt. Weiche, wie auch solistisch variationsreiche Keyboardssound sorgen für die stimmige Untermalung. Da bis auf das einminütige "Discus Ursi's prelude" alle Lieder mindestens 7 Minuten bzw. wesentlich länger sind, ist ausgiebig Platz für Songentwicklung und das Einfließen von verschiedener Stimmungen. Johansson nutzt die Zeit nicht als Rechtfertigung, dass gute Musik nur durch Länge besser wird. Er weiß die Zeit gekonnt zu füllen. Die Palette der Klangbilder reicht von schräg, aber sehr gekonnt ("Time fracture"), über melodische Virtuosität ("King of gold"), bis hin zu folkloristisch angehauchtem Art Rock ("The last minstrel of marble"). "Discus ursi" hat zwar noch Schwachstellen (Gesang, gelegentlicher Leerlauf), aber insgesamt ist mit diesem Album eine gekonnte Aufbereitung altbekannter Zutaten und Klänge gelungen.
Kristian Selm
Kontakt: Discus Ursi c/o Björn Johansson, Adeventsvägen 18, 41514 Göteborg, Schweden, email: ursus22@ hotmail.com
© Progressive Newsletter 1998