CD Kritik Progressive Newsletter Nr.23 (12/1998)

Dagmähr - My magnificient instability
(43:14, Privatpressung, 1997)

Schön, dass es im schier unüberschaubaren Sumpf an Bands immer noch etwas zu entdecken gibt. Beim abendlichen Surfen im progressiven Internetdschungel stieß ich auf Dagmähr, eine kanadische Band aus der Nähe von Quebec. Also flugs ein Email über den Teich geschickt und schon einige Wochen später, darf ich deren erste CD mein eigen nennen. Zuerst der optische Test: das Cover fiel eher spartanisch aus, das Booklet mit nur wenigen geschmackvollen Bildern und viel Text, sieht da schon um einiges besser aus. Der musikalische Inhalt ist ebenfalls wesentlich breitgefächerter, als dies die Stirnseite des Booklets erahnen lässt. Die Vorbilder liegen eindeutig in den 70ern und heißen VdGG, Gentle Giant und Genesis, wobei auch ein leicht neo progressiver Einschlag nicht zu leugnen ist. Dieser Fundus an Ideen und Sounds wurde als Grundlage genommen, komplex und ideenreich umgesetzt, wobei aber Melodie und packende Instrumentalteile ebenfalls zu ihrem Recht kommen. Sänger Mathieu Lessard war mal in einer Marillion Coverband aktiv, sein leicht fishiger, leicht brüchiger Gesangsstil verweist auf diese Vergangenheit. Bereits der 10-minütige Opener "In every failure" lädt zum mehrmaligen Hörgenuss ein, um seine Vielschichtigkeit zu ergründen. Geige und sachte Gitarrenklänge ebnen den Weg, Rhythmik und Komplexität werden gesteigert, um in einem euphorischen Gitarrensolo und Endteil zu gipfeln. Und fast auf diesem Niveau geht es dann auf den sechs weiteren Tracks weiter. Mal sind es klassische Pianoklänge ("Paradox #1 for two pianos"), kräftiges Gegeige als erfrischendes Element ("Destiny" oder "A l'aube de...") oder mediterran angehauchter Neo Prog mit leichtem Asgard Touch und genretypischen Mark Kelly Keyboardsolo ("Just in words"). Doch soll trotz ansprechendem Inhalt auch Platz für etwas Kritik sein. Die Kanadier klingen an manchen Stellen noch zu hölzern und leider fehlt es der Produktion an Power, die die vorhandene Emotionen stützen könnte. Doch ist man ja lernbereit, denn an der nächsten CD wird schon kräftig gebastelt, und diese soll dann auch produktionstechnisch wesentlich kraftvoller und inhaltlich ausgereifter ausfallen (vielleicht auch mit französischem Gesang?). Man sollte sich also keineswegs am Anfang vom eher flachen Sound abschrecken lassen, denn Dagmähr bieten einem beim genauen Hinhören, einiges an Abwechslung und Musikalität. Auch hier gilt: von dieser Band hört man hoffentlich in nächster Zeit noch mehr.

Kristian Selm

Kontakt: Dagmähr c/o Mathieu Lessard, 2265 rue d'Ars, Duberger QC G1P 2P5, Kanada.

© Progressive Newsletter 1998