CD Kritik Progressive Newsletter Nr.22 (09/1998)
Alaska - Alaska
(69:55, Life Scape Records, 1998)
Und wieder eine neue US-Band. Schon nach wenigen Minuten werde ich stark an ihre Landsleute Realm erinnert, und damit - logisch - auch an Yes. Zurückzuführen ist dies eindeutig auf Sänger Al Lewis, der mit seiner hohen Stimme zwangsläufig an Meister Anderson erinnert. Klar, dass in diesen Höhenlagen die Gefahr besteht, an die Grenze zum Knödeln zu stoßen. Ich denke, Lewis liegt alles in allem noch halbwegs im grünen Bereich, doch wer schon mit Andersons Stimmlage Schwierigkeiten hat, wird sich hier sicherlich frühzeitig ausklinken. Die Gesangslinien sind recht Yes-ähnlich, doch nach dem ersten Durchlauf der insgesamt 11 Titel mit Spielzeiten zwischen 1:53 und 11:52 fällt ein Manko auf: wo waren denn hier die markanten Gitarrenparts? Wer erst jetzt ins Booklet schaut, wird überrascht: Alaska (die im übrigen nichts mit Bernie Marsden's Alaska zu tun haben) sind ein Duo, bestehend aus o.g. Al Lewis, der zusätzlich Schlagzeug, Perkussioninstrumente und Gitarren bedient, sowie Keyboarder John O'Hara. An der Tastenarbeit ist nichts auszusetzen, im viel zu kurzen "Mesa extrana", das geprägt wird durch ein Streichquartett und Holzblasinstrumente (Oboe und Fagott), zeigen sie, dass sie auch durchaus Abwechslung reinbringen können. Doch selbst als ausgewiesener Keyboard-Fan kann ich nicht umhin, die Omnipräsenz der Keyboards anzuprangern. Die Hinzunahme eines kreativen Gitarristen als Gegenpol zu den dominanten Tasten würde dem Alaska-Sound sicherlich entscheidend gut tun - und warum nicht gleich das Line-Up zum Quartett oder Quintett ausbauen? Dann wären Alaska wohl ein heißer Tipp. So bleibt die Erkenntnis, dass das Potential vorhanden, aber noch einiges verbesserungsfähig ist. In der jetzigen Form fehlt auf Dauer die Variabilität, so dass gegen Ende des Albums etwas die Luft raus ist, ohne dass man behaupten kann, dass die letzten Titel schlechter sind als der Rest. Beim knapp 10-minütigen Abschlusstitel "Forests of heaven" ist mir noch ein brauchbarer Vergleich eingefallen, mit dem die älteren Semester unter den Prog-Fans etwas anfangen könnten: 7th Wave. An dieses aus der Kult-Band 2nd Hand entstandene Keyb/Drums-Duo erinnern Alaska hier sehr stark. Mal gespannt, wie das Nachfolgealbum ausfällt. Übrigens: sehr schönes Cover!
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 1998