CD Kritik Progressive Newsletter Nr.21 (07/1998)

Cliffhanger - Mirror site
(57:11, Musea, 1998)

Unterschieden sie sich schon von je her von ihren anderen holländischen Kollegen - ihr Stil ist wesentlich komplexer, mehr in den 70ern verwurzelt und so angelegt, dass sich nicht beim ersten Hördurchgang schon das große Gähnen einstellt - so gehen Cliffhanger auch auf "Mirror site" konsequent ihren Weg weiter. War beim 95er Debüt vor allem U.K als Vergleichsmöglichkeit präsent, so schwebt über "Mirror site", dem mittlerweile dritten Studioalbum, der Geist von Genesis aus den 70ern bzw. North Star, einem sehr guten Genesis Ableger aus den U.S.A. Cliffhanger haben aber dennoch ihren eigenen Stil so verfeinert, dass dieser Vergleich nur als Orientierung dienen sollte, denn ihre vielschichtigen und meist sehr langen Songs machen ihren Plutoniumprog der alten Schule überaus interessant. Mängel gibt es wie bei den Vorgängern beim etwas laschen Gesang von Gitarrist Rinie Huigen zu vermelden, sein sechssaitiges Instrument beherrscht er aber um so besser. Auch sind die ausladenden Instrumentalparts wesentlich packender, als die Teile, bei denen der Gesang im Vordergrund steht. Auf der Grundlage von alten Keyboardsounds, z.B. gesampeltes Mellotron und dröhnende Bass-Sounds, schrauben sich Gitarre und Keyboard durch manch verzwicktes Soli und Bandgründer und Keyboarder Dick Heijboer konkurriert um die Pole Position, wer denn nun der bessere Solist ist. Dramatik und Spannung sind damit garantiert. Wie bei den Vorgängeralben liegen die Stärken der vier Holländer schwerpunktmäßig im instrumentalen Bereich, auch wenn nicht jede Idee die Begeisterungskurve nach ganz oben ausschlagen lässt. Ein überdurchschnittliches Album einer Band, die langsam ihren eigenen Stil gefunden hat.

Kristian Selm



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