CD Kritik Progressive Newsletter Nr.21 (07/1998)
Lacrimosa - Live
(52:12 + 53:33, Hall Of Sermon, 1998)
Nachdem die erfolgreichste Gothic Formation der 90er auf eine mittlerweile achtjährige Bandgeschichte, fünf Studioalben, drei Singles und unzählige Konzerte zurückblicken kann, wurde es anscheinend langsam Zeit für ein Livealbum. Während der letztjährigen Tour mitgeschnitten, bietet die vorliegende Doppel CD einen repräsentativen Querschnitt durch das gesamte Schaffenswerk des weißgeschminkten Duos Tilo Wolff und Anne Nurmi. Wem man, so wie ich, zum ersten mal mit den düsteren Klängen, der im Livegewand auf sechs Musiker angewachsenen, Band konfrontiert wird, so ist man zuerst einmal irritiert, stellenweise sogar enttäuscht. Die aufgrund eines guten Marketings und positiven Kritiken sicherlich nicht zu Unrecht hochgelobten Helden der Finsternis, klingen musikalisch für den Liebhaber komplexer Klänge ziemlich gewöhnlich, eine Spur zu langweilig und auf Dauer recht zäh. Für viele reicht der erste Höreindruck, um solche Musik für immer aus dem Gedächtnis zu bannen (Ja, für mich zum Beispiel. Anm. El Supremo). Doch als musikalisch interessierter Hauptschmierfink dieser Schmonzette habe ich mich der dreifachen Lacrimosa Dröhnung ausgesetzt und glaube, immerhin die Faszination dieser gelungenen Mixtur aus Gothic, melancholischer Sinfonik, brettharten Gitarrenpassagen und hauptsächlich deutschen Texten voller Sehnsucht und Emotionen einigermaßen nachvollziehen zu können. Für die Fans zweifelsohne ein geniales Livealbum, für den nicht Eingeweihten ein zugegebenermaßen recht interessanter Blick über den Tellerrand.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998