CD Kritik Progressive Newsletter Nr.20 (05/1998)
Decoryah - Fall-dark waters
(46:16, Metal Blade, 1996)
Etwas nach Milchbubis schauen die zerknitterten Portraits im Booklet schon aus. Doch trotzdem präsentiert sich das Trio Jukka Vuorinen (Gesang, Gitarre), Jani Kakko (Gitarre) und Mikko Laine (Schlagzeug) recht abgeklärt. Die drei Finnen scheinen genau zu wissen, was sie wollen, nämlich keine der unzähligen, austauschbaren Metalbands zu sein. Und so haben sie ihre Mucke mit klassischen Ansätzen (Cello, Viola, gregorianische Gesangseinlagen, opernhafter Frauengesang) und getragener, düsterer Atmosphäre verfeinert - gute Absichten, die es zu loben gilt. Doch Anspruch und Realität klaffen wie so oft erheblich auseinander. Manch Übergang wirkt hölzern und wenig ausgereift, der dünne Sound tut sein übriges dazu. Auf den ersten Blick fehlt es ebenfalls bei einigen scheinbar willkürlichen Anordnungen einfach an einer innerer Struktur. Stellenweise klingen Töne unfreiwillig schräg, simplerweise aus dem Grund, weil sie schlichtweg falsch gespielt oder gesungen wurden. Gewollt oder ungewollt, das sei hier mal dahingestellt. Sucht man aber nicht ganz genau mit der Lupe nach jedem Fitzelchen, das sich zu kritisieren lohnt, so können vor allem die sphärischen Stimmungen hier und da wohlige Emotionen wecken. Absichten: gut, Durchführung: ausreichend bis mangelhaft, das Klassenziel wurde nur knapp erreicht. Da noch eine Steigerung immer möglich ist, sollte die Hoffnung in der nächsten Klassenstufe nicht aufgegeben werden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998