CD Kritik Progressive Newsletter Nr.20 (05/1998)
Progday '95
(70:21 + 68:04, Proglodite Records, 1997)
Einer der Idealisten in der (fast) nichtkommerziellen Welt des Progressive Rocks ist jenseits des Atlantiks Peter Renfro. Seit 1995 organisiert und finanziert er auf der Storybook Farm in Chapel Hill, North Carolina jährlich ein eintägiges Prog Open Air Festival namens ProgDay. Ausschnitte des ersten Festivals sind jetzt erstmals mit etwas zeitlicher Verspätung auf einer Doppel CD erhältlich, die anderen Festivals sollen noch in CD Format folgen. Fast völlig ohne hörbare Zuschauerreaktionen geht zwar etwas die Liveatmosphäre verloren, dafür bekommt man aber klangtechnisch einen perfekten Sound geboten. Die Doppel CD beginnt mit zwei Songs des Ozone Quartets, die damals noch Cloud Nine hießen. Rein instrumental werden hier kräftig die Saiten bearbeitet. Sowohl Gitarre und Violine kommen recht kraftvoll daher. Der fast schon improvisierte Grundcharakter erinnert etwas an die neueren Werke von David Cross. Die im letzten Heft frisch gekürten Newcomer des Jahres'97 Timothy Pure bieten auf knapp 25 Minuten genau den Stilmix, wofür sie das oberste Treppchen dieser Kategorie beschreiten durften. Sehr guter Neo Prog mit düsterem Grundcharakter. Entgegen der letzten Studioplatte "Blood of the berry" und ihrem Auftritt im Rahmen des German Progressive Rocks Festival in Bruchsal letzten September ist hier eine andere Besetzung zu hören, die aber durchaus die Qualität des aktuellen Line-Ups besitzt. Verteilt auf die erste und zweite CD gibt es dann 45 Minuten von Discipline, die ja mit ihrem letzten Werk "Unfolded like staircase" auch in unseren Gefilden ihren Bekanntheitsgrad erheblich steigern konnten. Expressiver Progressive Rock, eine Schuss Blues, das Ganze mit viel Atmosphäre in ausschweifenden Kompositionen, ein weiterer Qualitätsbeweis des sehr guten Quintetts aus Michigan. Glücklicherweise nur mit einem Stück vertreten ist Bon Lozaga, der lediglich auf seiner Gitarre und an den Effektgeräten virtuos herumdudelt, um damit einige nette Tonsequenzen zu erzeugen. Zum Abschluss dann noch ca. 50 Minuten Musik der inzwischen leider aufgelösten Echolyn. Bei einem ihrer letzten Liveauftritte zeigen sie nochmals eindrucksvoll, warum sie damals einen Majordeal bekamen und leider zu Unrecht fallen gelassen wurden. Ein leicht nostalgischer Rückblick, der den sehr guten Sampler beschließt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998