CD Kritik Progressive Newsletter Nr.20 (05/1998)
Magma - Köhntakösz
(41:12, Seventh Records, 1974)
Dies ist kein Prog Rock. Magma mach(t)en einen schweren Art Rock, der nicht auf Vorbilder verweisen kann, sondern selbst eins ist. Diese bedröhnende, fast minimalistische Mischung aus Jazz, spacigem Rock und stakkativen Vokal- und Piano Passagen ist eine perfekte, durch Mark und Bein gehende, extreme Zelebration und Intonation völlig ungewohnter und wirklich neuer Musik. Wer diese Musik kennen lernt, egal, ob davon fasziniert oder abgestoßen, wird sich fragen, ob er bisher nur an musikalischen Oberflächen gekratzt hat. Wer glaubte, alle Musik zu kennen, wird sich vor die Frage gestellt sehen, ob er so weit gehen will oder kann - und diese Art Musik mögen. Wer glaubte, dass Chris Squire den härtesten Bass gefahren hat, wird erfahren, dass Bass zu spielen unglaubliche Dimensionen erreichen kann. Zeit darf in dieser Musik keine Rolle spielen, Magma "Songs" gehen gemütlich über 15 - 20 Minuten, nur um einen zweiten Teil unter den Laser zu lassen, der nicht kürzer ist. Die jazzinspirierten Kompositionen mit dämonisch-schwermütigem Charakter fließen zäh und episch durch das Weltall der Gehörgänge. Leise, disharmonische Piano- und Keyboard-Töne entrollen unter der Stimme Stella Vanders und dem Bass Jannick Tops endlose Tonschleifen, die von einem manischen Schlagzeug vorangetrieben werden. Abstrakte Tastensoli und chorale Rah Töne werfen die Musik weit in ein vorstellungsfreies Feld vor die Kulturlandschaft der Musik. Ein Konzert der Band muss einer schwarzen Messe geglichen haben. Und doch ist kobaianisch - die Sprache Christian Vanders und Magmas - nicht von Bösartigkeit oder schwarzer Magie bestimmt. Magma kommen von einem anderen Stern. Sie sind von der Erde geflohen und haben sich den Planeten Kobaia zur Heimat gemacht, um dort eine neue Gesellschaft aufzubauen, die nicht irdischem Egoismus entspricht, sondern eine wirkliche Gesellschaft in Gemeinschaft zu entwickeln. Gedanken eines Christian Vander, Coltrane-Fan und Musik-Magier intensiver Vorstellungskraft. Laut hören!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 1998