CD Kritik Progressive Newsletter Nr.19 (03/1998)

New Trolls - Tempi dispari
(32:01, Vinyl Magic, 1973)

Diese zwei Songs mit je einer Viertelstunde Musik bringen es wirklich. Traumhafte Soli aus Gitarre, Sax, Drums und Tasten rasen auf einem zwischen orgiastisch und melancholisch wechselnden Teppich aus viel Jazzrock, symphonischem Rock und kurzzeitig purem Jazz. Diese wie natürlich anmutende Homogenität ist allerhöchste Kunst. Ein Vergleich? Die Band spielt, wie meine Kinder Brötchen holen. Neo Prog Bands spielen, als wollten meine Kinder höhere Mathematik lösen. Ausgelassen, intensiv, mit viel großem Gespür für Zwischentöne und Sanftheit lebt hier eine Welt, die mich fragen lässt, warum ich so alt werden musste, um das kennen zu lernen. So was sollte in der Schule vermittelt werden, zumindest sollten sich Neo Progger diesen Sound mal anhören und mit der Materialverschwendung pausieren. Die beiden Live-Stücke heißen (und das allein sagt alles): "7/4" und "13/18". Alles klar? Leute sind schon für weniger geadelt worden. Kraftvolle Akkorde werden von den Drums aus den Boxen getrieben, die Gitarre läuft Amok, der Bass vibriert unter den endlos flinken Fingern, das Sax musste nach Einsatz in die Reinigung. Diese Reinigung hat sich gelohnt, schade nur, dass so wenig Zeit auf dem Silberling sitzt. Nun, immerhin besser, als 78 Minuten Scheiße. Das hätte ich gern live erlebt!!!

Volkmar Mantei



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