CD Kritik Progressive Newsletter Nr.15 (06/1997)
Abiogenesi - Il giocoscuro
(45:09, Black Widow, 1997)
Mit der ersten Veröffentlichung dieses italienischen Quartetts konnte ich fast gar nichts anfangen, Großmeister TJs Begeisterung dagegen kannte vor rund 1½ Jahren bei deren Debüt überhaupt keine Grenzen. Allein das grässlich schlechte Cover mit einer Dracula Kinderzeichnung ist mir nachhaltig im Gedächtnis haften geblieben. Aber, welch Wunder, als ich mir nun die zweite CD von Abiogenesi anhörte, erschien mir die Musik in einem völlig neuem Licht. Richtig schön verstaubter 70er Italo-Prog - schlichtweg hervorragend. Absichtlich dumpfer Sound, jede Menge Wah-Wah Gitarre, untermalendes Georgel und mediterraner Gesang voller Ausdruckskraft machen die Zeitreise zu einem lohnenden Ausflug. Dazu noch leicht psychedelisch angehauchte Kompositionen. Vor allem der über 22 Minuten lange Titletrack verliert sich immer wieder in endlosen Gitarrensoli, die für traumatische Stimmungen sorgen. Wie auch im weiteren Verlauf der CD Gitarre und Orgel immer wieder in epischer Länge solistisch in den Vordergrund stoßen - so schafft man anhaltende Dramatik. Der Gruselfaktor kommt ebenfalls nicht zu kurz, denn geflüsterte Textpassagen und Akkorde in bester Horrorfilm Manier verursachen die nötige Gänsehaut. Zusätzlich sorgen akustische, ruhige Stücke, wie das vom Akkordeon getragene "Notte da Urlare" für einen wohltuenden Gegenpol. Vielleicht sollte ich mir doch noch mal das Debüt anhören, vielleicht habe ich da ja wirklich etwas verpasst. Wer natürlich kein Faible für alte Sounds hat oder generell mit Bands wie Il Baletto Di Bronzo oder Quella Vecchia Locanda nichts anfangen kann, der sollte hier schleunigst die Finger weg lassen. Trotzdem kann die Mischung aus schleppendem Hard Rock mit Psychedelic und Progressive Rock Touch auf voller Spiellänge überzeugen, und wird alle Liebhaber dieses Stils sicherlich begeistern.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1997