CD Kritik Progressive Newsletter Nr.14 (04/1997)

Drifting Sun - Drifting Sun
(43:22, Brennus, 1996)

Eigentlich erscheint bei Brennus, einem Unterlabel von Musea, normalerweise nur astreiner Hard Rock. Wie Drifting Sun sich dorthin verirrt haben, ist etwas unklar, spielen sie doch melodischen Rock mit deutlichen neo-progressiven Tendenzen. Als Gastmusiker trommelt John Lyngwood, bei "Call it love" zupft Karl Groom die Saiten, der gleichzeitig auch am Mischpult saß. Die neun Stücke sind gut konsumierbar, ohne jegliche Ecken und Kanten, von ihrer Eingängigkeit fast schon radiotauglich. Meist nach der einfachen, so oft erprobten Formel Strophe - Chorus - Strophe - Solo - Chorus, gehen die vier Engländer sehr augenscheinlich auf Nummer Sicher. Meist im Mid-Tempo-Bereich angesiedelt, wird die Geschwindigkeit auch schon mal in flottere Bahnen gelenkt, ohne dass das Rhythmusgerüst durch außergewöhnliche Virtuosität beeindrucken kann. Solistisch lenkt kein Instrument die offensichtliche Aufmerksamkeit auf sich - ein paar nette Keyboardläufe hier, ein paar Soloeskapaden an den Saiten da. Bezeichnenderweise ist Karl Grooms gefühlvoller Soloauftritt augenscheinlicher Höhepunkt. Die Keyboards umspielen meist die Songstrukturen, melodischer Wohlklang allenthalben. Drifting Sun haben mit ihrer Spielart die sicherlich richtige Richtung für sich eingeschlagen, da sie dieses Terrain mühelos beherrschen. Leider ist unter den neun Tracks kein Highlight, welches wirklich heraussticht oder länger in der Erinnerung haften bleibt. Nichtsdestotrotz ist die Musik kompakt, und kann auf den 43 Minuten ansprechendes Niveau halten. Der neo-progressive Einschlag findet sich in ausgedehnteren Instrumentalpassagen, wie z.B. dem fast achtminütigen "Foreigner at heart" wieder, auch einige typischen Phrasen hat man so schon von anderen Kollegen gehört. Drifting Sun liefern auf ihrem Debüt grundsolide Arbeit ab, der es letzten Endes aber an unverwechselbaren Ideen mangelt. Trotz alledem, ein ordentliches, über weite Stecken gutes, unverfängliches Melodic Rock Album.

Kristian Selm



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