Sunken - Lykke

Atmospheric Black Metal • Progressive Black Metal
(47:48; Vinyl, CD, Digital; Eisenwald; 24.10.2025)
Die 2013 gegründete dänische Band Sunken hat schon mit „Livslede“ (2020) eine Duftmarke gesetzt, die irgendwo zwischen Patchouli, Schwefel und frisch geschlagener Tanne schwankte – ein olfaktorisches Manifest für den atmosphärischen Black Metal. Wer noch glaubt, Melancholie sei ein zartes Gefühl, wurde eines Besseren belehrt: Hier war sie post-metallisch schwer, massiv und mit Shoegaze-Gitarren verziert.
Nun also „Lykke“. Übersetzt: „Glück“. Ein Titel, der lauter nach Ironie schreit als Frontkrächzer Martin Skyum Thomasen. Denn wer sich durch die Lyrics arbeitet, merkt schnell: Hier wird nicht das Glück besungen, sondern eher dessen Abwesenheit in allen denkbaren Schattierungen. Drei Alben in zwölf Jahren – das klingt nach nordischer Gelassenheit oder nach künstlerischer Askese. Die vier Stücke, allesamt jenseits der Zehn-Minuten-Marke, sind episch und berauschend. Die Band stellt klar, dass Qualität eben nicht im Akkord entsteht, sondern im geduldigen Auskosten.
Im Vergleich zu anderen Bands des Genres wirkt „Lykke“ allerdings erstaunlich wenig finster. Fast schon verdächtig blitzt da ein Lichtlein am Horizont – als hätte jemand vergessen, die Kerze auszublasen. Der Opener ‚Din røst malede farver i luften‘ zeigt, wohin die Reise geht: Blastbeats, die mal brachial, mal beinahe zärtlich im Midtempo daherkommen. Ein Paradox, das man nur im Black Metal findet: Zärtlichkeit in kalter Finsterniss.
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Shoegazige Tremolos halten die Melodien fest, während Chöre und Flächen die Atmosphäre verdichten. Martin Skyum Thomasen bietet so viel überzeugende Verzweiflung dar, dass man sich fragt, ob er die Rolle privat nach einem Konzert überhaupt wieder ablegen kann – oder ob er in diesem Format auch beim Bäcker Brötchen kaufen geht.
‚Og det er lykke‘ beginnt fast wie ein Retro-Prog-Stück mit Mellotron, nur um Sekunden später wieder in Blastbeats und Melodien zu explodieren. Ein Sog, dem man sich schwer entziehen kann, selbst wenn man wollte. Und der Autor muss sich, mit zunehmendem Alter, tatsächlich eingestehen: Diese Musik, dieser Sound, diese Atmosphäre – sie gewinnen immer mehr. Ironie des Lebens: je älter, desto empfänglicher für jugendliche Verzweiflung.
Das Finale mit ‚Glædesfærd‘ und ‚Når livet går på hæld‘ ist dann nichts weniger als eine Soundwall, die den Hörer sofort umschließt. Energie, Melodie, Dynamik – alles da, alles groß. Und am Ende bleibt die Erkenntnis: Glück ist vielleicht gar nicht das Gegenteil von Untergang, sondern dessen schönste Form.
Bewertung: 13/15 Punkten
Besetzung:
• Simon Skotte Krogh – Guitars
• Martin Skyum Thomasen – Vocals
• Jonas Faghtmann – Bass
• Joachim Højer Larsen – Drums
• Alexander Salling – Guitars
Surftipps:
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Alle Abbildungen stammen von Eisenwald und Sunken.