Ptolemea - Kali

Post Doom • Atmospheric Rock • Experimental • Ambient 
(39:42; Vinyl, CD, Digital; Raging Planet Records; 06.11.2025)
Die Portugiesin Priscila Da Costa (Sinistro) – künstlerisch seit Jahren in Luxembourg stationiert – bringt mit ihrem musikalisch etwas anders aufgestellten Projekt Ptolomea die zweite Studio-Rille an den Start. Ich muss gestehen, ich war seinerzeit über den Wechsel am Sinistro Mikrofon nicht so glücklich und empfand die letzte Scheibe im Vergleich zum Vorgänger der Post-Doomer gesanglich als eher etwas eintönig. Um so mehr freut es mich zu hören, dass Priscila hier in Ptolomea einen intensiveren, emotionaleren Ausdruck sucht und dazu ein wesentlich dynamischerer Stil-Mix den Hörer konfrontiert.

Die Vocals sind im Zentrum von ‚Kali‘ und ähnlich all der Nischen-Chanteusen wie Anna v. Hausswolff, Messa, Chelsea Wolfe oder Darkher schöpft die dazugehörige Atmosphäre nicht aus Klischees oder krampfhafter Genre-Zitate – im Gegenteil, irgendwo in den Weiten des doomigen Postrock/Metal, experimenteller Elektronik und alternativer Stilistiken umschifft man gekonnt übliche Prozeduren. Die Stimme fordert, ist mit vielen emotionalen Schwankungen und Energien zentriert, agiert stets leidenschaftlich und mit dieser Dynamik geht auch der stete dynamische Wellengang des instrumentalen Fundaments einher.

Düster, sehnsuchtsvoll, akzentuiert, exaltiert spielt Priscila mit ihrer Stimme und ist weit weg von simplen Goth-oder Dark Wave Hymnen, findet ihren ganz speziellen düsteren Habitus ähnlich der oben genannten Künstlerinnen. Viele Aufs und Abs definieren den Sound auf „Kali“, haben natürlich allein durch die Stimme und den postigen Gitarren-Sound Referenzen zur Haupt-Quelle Sinistro.

Der intensiv-düstere, schön Sog-generierende Opener ‚Kura‘ zieht Dich mit seinen Schicht um Schicht auftürmenden Sound-Wellen perfekt ins Album hinein. Trippige Rhythmen, organisch hymnischer Industrial Rock, driftende Post Rock-Wände, all das vermischt sich wie von allein zu einem leidenschaftlichen Gebräu. ‚Breathe‘ macht emotional aufgeladen genau da weiter – eingängige Pop-Melodik trifft auf hymnischen Dark Rock, der hier und da an gute Momente der Holländer The Gathering erinnert.

‚Blue Moon‘ ist einfach nur präsent, fragil und sehnsuchtsvoll, ‚Luta‘ pflegt das Schöne und Romantische des ätherischen Wave Pop dank der liebreizend verletzlichen Vocals (Kennt noch wer die frühen The Dreamside?) und in ‚Guilhotina‘ verschwimmen Doom, Pop und verwaschen dunkler Alternative/Shoegaze mit den zerbrechlichen Vocals der Heimatsprache. Meist langsam – den kleinen düsteren Rausch suchend – bleiben die Songs eng ineinander gestrickt, was dem Album einen trippig, dichten Flow verleiht. „Kali“ ist emotional und leidenschaftlich, verbindet die stets omnipräsenten Vocals mit vielerlei Genre-Einflüssen zu einem feinen, kraftvoll düsteren Nischen Sound.

Phrasierende, fast hysterische Postrock-Wellen in ‚Andhera‘, dunkle ambiente Lautmalerei in ‚Gaivota‘, schmerzhaft pathetischer Dark Folk in ‚Aqui, Ali, Acolá‘ und vor allem der epische Teppich im abschließenden Titelstück spielen nochmal mit der vollen Bandbreite an Atmosphären. Für Freunde der düsteren Nische zwischen Folk, Post, Doom, Wave, Pop, Alternative und trippigem Rock ist hier alles im Paket inklusive und garantiert somit Langlebigkeit.
Bewertung: 12/15 Punkten


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