Igorrr - Amen

Breakcore • Baroque • Industrial • Dark Electronica • Avantgarde Metal
(44:09, Vinyl, CD, Digital; Metal Blade Records; 19.09.2025)
Gautier Serre ist zurück – und natürlich hat er wieder Dinge getan, die eigentlich unter musikalische Gefährdung fallen sollten. Amen markiert den düstersten Punkt seiner bisherigen Klangodyssee: ein Album, das klingt, als hätte jemand eine Kathedrale unter Strom gesetzt und anschließend beschlossen, noch ein paar tibetische Hörner, ein Theremin, eine gigantische Steinsäge und einen Amboss hineinzuwerfen – nur um sicherzugehen, dass es auch wirklich überall scheppert.
Schon der Kirchenchor, den Serre in einer echten Kirche aufgenommen hat, legt mit dem ersten Track ‚Daemoni‘ ein sakral-schweres Fundament, das sich durch das ganze Album zieht.
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Doch wer daraus eine rein feierliche Messe erwartet, hat offensichtlich nie einen Igorrr-Track länger als drei Sekunden gehört. Denn natürlich kollidieren diese gravitätischen Momente sofort mit Breakcore-Attacken, harschem Noise, schrägen Trip-Hop-Stimmungen und barocken Miniaturen, die sich weigern, brav zu bleiben.
Tracks wie ‚Silence‘ vereinen Operngesang, Orchester, Lärm und ein Piano, das klingt, als stünde es bereits am Rand des Nervenzusammenbruchs. ‚Ancient Sun‘ schwebt irgendwo zwischen Traum und Delirium, während ‚Pure Disproportionate Black And White Nihilism‘ mit von Serre zertrümmerten Snares das industrialisierte Ende der Fahnenstange einläutet. Oder ‚Limbo‘, in dem sich Operngesang in blackend Screams verwandel. Und wenn ‚Headbutt‘ schließlich darin gipfelt, dass ein Bagger ein Klavier zum Schweigen bringt, fragt man sich unweigerlich: Hat der Mann eigentlich irgendeine Grenze?
Spoiler: Nein.
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Zwischendurch gibt es mit ‚Blastbeat Falafel‘
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und ‚ADHD‘
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jene neonbunten Eskalationen, die Serre selbst als „Shots Limoncello“ bezeichnet – kleine Aufputschler, um die Schwere des Albums überhaupt auszuhalten. Wer Igorrr schon einmal live erlebt hat – vielleicht in diesem Zustand zwischen Faszination und Reizüberflutung –, findet sich hier sofort wieder: Es ist dieser Moment, in dem man dringend eine Pause braucht, aber gleichzeitig nicht aufhören kann hinzuhören.
Die Gäste, darunter Trey Spruance, Scott Ian und Lily Refrain, fügen sich nahtlos in diesen kontrollierten Wahnsinn ein. Niemand versucht, Igorrr zu domestizieren; alle machen einfach mit. Und das mit beachtlicher Hingabe.
Aber ein Kontrollieren ist auch gar nicht notwendig, denn das kann Serre prima selbst, was er mit ‚Etude °120‘ eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Am Ende bleibt ein Album, das alles ist, was Igorrr ausmacht: überwältigend, grotesk, wunderschön, absolut unvernünftig – und doch bis ins Detail präzise. Ein Werk, das jede Schublade beleidigt, in die man es stecken möchte.
Igorrr tun, was Igorrr eben tun – alles auf einmal. Amen.
Bewertung: 12/15 Punkten

Besetzung:
• Gautier Serre – machines
• Jb Le Bail – vocals
• Marthe Alexandre – Instrument
• Remi Serafino – drums
• Martyn Clément – guitars
Gastmusiker:
• Mike Leon (tracks 1, 2, 3, 8, 10)
• Timba Harris (tracks 1, 4, 5, 9)
• Lily Refrain(tracks 3, 9)
• Trey Spruance (track 4)
• Scott Ian(track 7)
Surftipps:
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Metal Blade Records zur Verfügung gestellt.