I Prevail - Violent Nature

I Prevail - Violent Nature (Fearleass Records; 19.09.2025)
Metalcore • Post Hardcore
(32:03; Vinyl, CD, Digital; Fearleass Records; 19.09.2025)
„Violent Nature“ zeigt I Prevail so klar positioniert wie selten zuvor: fest im Metalcore/Post Hardcore verankert, aber mit einem stärker fokussierten, erwachseneren Zugang, der die Grenze zwischen brachialer Härte und emotionaler Offenheit bewusst verwischt. Dass Eric Vanlerberghe nun komplett den Leadgesang übernimmt, schärft diese Ausrichtung zusätzlich. Die Art, wie er von verletzlicher Klarheit in eruptives Brüllen kippt, sorgt dafür, dass selbst die hymnischen Momente nie zu glatt werden. Die Dualität, die I Prevail schon immer prägte, wird nicht nur deutlicher: Sie wird zum Leitmotiv dieser Platte.

Produziert wurde das Album vollständig von Bassist Jon Eberhard – ein entscheidender Faktor für den prägnanten, organischen Klang, der moderner Metalcore-Schwere ebenso Raum gibt wie melodischen, beinahe alternative-rockigen Passagen. Die Elektronik bleibt stiltypisch präsent, ist aber enger und atmosphärischer in die Songs verwoben als früher.

Stilistisch bewegt sich das Album in einem Dreieck aus aggressivem Metalcore, melodischem Post Hardcore und radiofähiger, aber nie anbiedernder Modern-Rock-Eingängigkeit. Der Opener ‚Synthetic Soul‘ baut mit seinen geisterhaft geflüsterten Vocals und Industrial-artiger Rhythmik ordentlich Stimmung auf, bevor das Stück ausbricht. ‚NWO‘ gibt mit ordentlich Tempo aggressiv auf die Fresse, bevor ‚Pray‘ das andere Ende des Spektrums markiert: reduziert, akustisch, emotional aufgerissen, bevor es in typischen I-Prevail-Druck umschlägt.

‚Annihilate Me‘ ist wohl das emotionalste Stück der Platte, bringt die kathartische Mischung aus Melodie und Wucht exemplarisch auf den Punkt, wohingegen der Titeltrack ‚Violent Nature‘ die kompromissloseste und zugleich genretypisch härteste Seite der Band zeigt.

Die verletzliche Innenschau von ‚Rain‘ zeugt von Schmerz, Leid und Erlösung und verbindet Härte mit Melancholie bevor es in die hymnische Entschlossenheit von ‚Into Hell‘ fließt, die allerdings doch sehr am Mainstream kratzt.

Mit ‚Crimson & Clover‘ zeigen I Prevail ihre akustische Seite, die hier allerdings ein wenig belanglos wirkt. Einen harten Kontrast stellt da das ultrabrutale ‚God‘ dar,mit dem es in Richting Deathcore geht. Ein wenig zu viel für meinen Geschmack. Da lobe ich mir das abschließende, atmosphärisch dichte und leicht an Deftones erinnernde ‚Stay Away‘ doch schon deutlich mehr.

„Violent Nature“ wirkt wie die stilistische Essenz aus allem, was I Prevail ausmacht – nur straffer, ausgewogener und ehrlicher. Die Band steht 2025 fest im modernen Metalcore, aber mit einem Gespür für Melodie und Pathos, das weit über Genregrenzen hinausreicht.
Bewertung: 10/15 Punkten


I Prevail - Violent Nature (fearleass Records; 19.09.2025)
Besetzung:
Eric Vanlerberghe – Gesang
Steve Menoian – Leadgitarre
Dylan Bowman – Rhytmusgitarre & Hintergrundgesang
Jon Eberhard – Bass & Keyboards
Gabe Helguera – Schlagzeug

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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.