Highest Primzahl On Mars - What???

Space Rock • Kraut Rock • Psychedelic Rock
(2:01:07, 1:26:30, Vinyl (2LP), 2CD, Digital; Clostridium Records; 15.11.2025)
So zwei Stunden Auszeit sind garantiert, zumindest mit der CD-Version der neuen Rille der Frankfurter Space Rocker. Episch, episch, und es geht im Vergleich zum Vorgänger sogar zeitlich noch ne Runde extra. Für Freunde des kosmischen Jam Rock, des monoton hypnotischen Instrumental-Sounds wird hier nebst erneut lustigem Cover-Artwork alles von der Leine gelassen, was nicht rechtzeitig bei drei angeschnallt ist. Spontanität, First Takes, Kreativität und Live-Atmosphäre sind garantiert mit den niemals auf die Uhr blickenden Songs.

Der Titelsong ist erstmal direkt und fast Punk-Rock-Länge mit knapp unter fünf Minuten, spielt mit treibend knarzigen, mal kosmisch synthetischen Effekten. Drinnen ist man im Freak-Out-Raumschiff der Frankfurter und das mehr als ausufernde ‚Mind Is Coming'(Remastered) macht definitiv alles richtig für Freunde des treibend, sphärischen Space Rock. Es federt, groovt und prescht mit viel Liebe zum detailverliebten, psychedelischen Gitarren-Sound durch die kosmische Unendlichkeit. Da fühl ich mich mal aufs Feinste gut mit gebettet, wissen harmonische Schichten Schritt für Schritt dank kleiner sich ändernden Nuancen mehr und mehr in die Verdichtung zu rocken, sodass man bei der Lauflänge irgendwann nur noch hilflos flirrend im Orbit kreist.

In späteren Tracks wie ‚Curved Nothing‘ (only on CD) oder ‚Timescape‘ ist diese hypnotisch, monotone Gangart mit schrägen Synth-Sounds ein ähnlich kickender, sehr offensiver Move – nur dass hier der zusätzlich etwas omnipräsente, schleifend-schroffe zweite Gitarren-Part immer etwas Dissonanz dazu summiert. Fakt ist: hier gibt es keine Grenzen, man lässt der Musik Raum, vibrierenden Flow und dies führt zu Momenten, wo Zeit überhaupt keine Rolle mehr zu spielen scheint.

Im meist treibenden Rhythmen wird immer wieder gekonnt mit gut platzierten Synth-Effekten für kleine, aber feine Aha-Effekte gesorgt. Das stoisch, geradlinige Monotonie-Momentum wird bis zum Dorthinaus ausgereizt, was dieser Art Musik einfach kongenial entgegen kommt. Persönlich ist mir der etwas schroffe Anteil an Gitarren manchmal etwas zu noisy, aber so richtig als Störfaktor muss man dies nicht interpretieren. Jazzige, eher kurze Intermezzi wie ‚Dim Nofio Yn Yr Afon‘ werden mir Harmonie-verliebten Psych-Fan samt schriller Bläser bei aller Schräglage zum Glück mit unter vier Minuten nicht zum Härtetest. ‚Edge Of Time‘ hat mal einen vergleichsweise sehr entspannt groovigen Vibe – geniale Psych-Akkorde – federleichtes Drumming und der Bass summt akzentuiert munter vor sich hin. Dies tut dem ansonsten eher forschen Angriffslustigen Sound gut Kontraste hinzufügen. Im luftig-verspielten ‚Nova Express‘ plinkern die Akkorde und der unruhige Rhythmus nebst präsentem Bass-Spiel tut sein übriges.

Die Musik soll zum Teil im First Take auf diesem Album stehen, dafür schon mal Respekt und man spürt dies im organischen Prozedere auch ohne weiteres. Wieviel hier am Ende zu viel ist, zu lang, dies muss subjektiv jeder für sich entscheiden. Ich denke, diese Art Musik braucht diesen Auslauf und dynamische Grenzenlosigkeit und es lässt sich im verrückt ausufernd psychedelischen „What???“ mal so richtig konsequent böse verlieren. Also schnall Dich ruhig ab, lass Dich mit der neuen Rille der Frankfurter für zwei Stunden aus dieser aktuell seltsamen Welt wegbeamen, es lohnt sich garantiert.
Bewertung: 12/15 Punkten


Besetzung:
Arun Kumar – Gitarre
Uli „Hank“ Wagner – Gitarre
Frank Diedrich – Bass/Synth
Gerd Böhme – Drums

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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Highest Primzahl On Mars zur Verfügung gestellt.