Seigmen - Dissonans
Melancholic Dark Rock • Alternative • Trip Rock
(44:48; Vinyl, CD, Digital; Indie Recordings, 23.10.2025)
Eine meiner DNA-Bands veröffentlicht 30 Jahre nach ihrem bis heute bedeutsamsten Album „Total“ den zweiten Teil ihrer aktuellen Trilogie, die mit „Resonans“ vor knapp 1,5 Jahren ihren Anfang nahm. Die Album-Pausen in all den Jahren zuvor scheinen mit diesem weiteren zeitnahen Release somit hoffentlich vorbei und „Dissonans“ steht laut Band für einen Blick zurück in eine Zeit, wo die Band für das Unkonventionelle, Unerwartbare stand. Was auf der einen Seite auffällt, sind der Druck, das Tempo, dieses Dringliche, welches diesmal mit einem Hauch mehr an treibend rockigen, nach vorne preschenden Songs einhergeht.
Latent wütend fordernde Post Punk-Einflüsse – so agiert man dunkler und aggressiver in diesen treibenden Stücken – umso dichter, isolierter und melancholischer fühlen sich die balladesk, nächtlichen Stücke an, die mehr als nur einmal an die Großtaten aus den glorreichen 90s erinnern. Zum Glück haben die Norweger diese typisch schwebenden, fast rituellen Halbballaden (ich sag nur Tool in nordisch!) weiterhin im Paket, machen diese doch den ganz speziellen musikalischen Charme der Band aus. Für diese intensive Form der Melancholie, den geheimnisvoll nordischen Anstrich liebt man Seigmen. Wenn die Band nächtlich geheimnisvoll klingt, ätherische Vocals von Sänger Alex auf mahlende Riffs und diese typisch nordische Schwermut trifft – findet man schnell zum dunklen Kern der Band.
Im episch langen, sehr nordisch verschlungen klingenden Opener ‚(Dyret) 23 Bud‘ und der melancholischen Ballade ‚Rosemalt‘ (leider nicht mal vier Minuten lang) spielen sie genau das aus, was ich kurz zuvor angesprochen habe. Düster, sehnend, mit dieser undefiniert eigenwilligen Aura beschwört man hier die oben benannte Atmosphäre auf wundervolle Weise herauf. Effekt-Gitarren, beseelt und voller Schwermut – so lieben wir das. ‚Så Nært‘ ist weich, poppig balladesk und voller Sehnsucht – ‚For Min Skyld‘ und ‚UVF‘ reißen mich innerlich auseinander – spielen atmosphärisch auf höchstem Niveau mit schmerzhaft schönen Gitarren – schaffen diese so lieben gelernten nächtlich-ambienten Räume wie zu „Total“-Zeiten. Da ziehen Seigmen endlich wieder alle Trümpfe – haben was von den glorreichen The 3rd and the Mortal – Szenerien von Nacht, Stille und Isolation – dies einfach nur in viel zu kurzen Spielzeiten.
„Dissonans“ ist von größerer Bandbreite in seinen Stimmungen. Man untermauert den Albumtitel mit einiges an hymnischer Wucht und angedeuteter Wut – unterstreicht dies mit häufigeren Uptempo-Tracks – was für Abwechslung und Dynamik sorgt – auch wenn ich dies, ähnlich wie beim Vorgänger, so bisher von den Norwegern nicht gewohnt war. Exemplarisch sirenenhaft, latent verzweifelt und mahnend klingen die Norweger in ‚Schizopen‘, dem hektischen ‚Påfugl & Psykopat‘ oder im aufpeitschend melodischen ‚Disiplin‘ und sind für ihre Verhältnisse wahrlich straight unterwegs – gar Allüren wie beim anderen Projekt von Sänger Alex und Haupt-Songwriter Kim Ljungblut namens Zeromancer vernimmt man im modern angehauchten Titelsong. Die Norweger zeigen sich hoch motiviert, leidenschaftlich und atmosphärisch wie zu besten Zeiten und mit dem hymnischen, mit fantastisch wirbelnden Drums und einnehmend mehrstimmigen Vocals agierenden ‚Ave‘ gibt es am Ende noch eine Übernummer, die ein Album abschließt, welches mit jedem neuen Hördurchgang größer und breiter strahlt.
Bewertung: 14/15 Punkten
Surftipps zu Seigmen:
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Bandcamp
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Indie Recordings zur Verfügung gestellt.