Royal Sorrow - Innerdeeps

Royal Sorrow - Innerdeeps (InsideOut Music/Sony Music; 26.09.2025)
Credit: Markus Hentunen

Progressive Metal • Alternative Metal • Modern Prog
(56:12; Vinyl, CD, Digital; InsideOut Music/Sony Music, 26.09.2025)
Vola, Sleep Token, Leprous, Tesseract, Voyager – das ist so ziemlich die Crème de la Crème des modernen Progressive Metal. Und genau mit diesen Namen wird das finnische Trio Royal Sorrow in der Ankündigung ihres Debütalbums „Innerdeeps“ beworben. Eine PR-Strategie, die schnell nach Größenwahn riechen könnte – doch erstaunlicherweise geht sie auf. Denn Royal Sorrow scheitern nicht an den hochgesteckten Erwartungen, sie überraschen mit einem Reifegrad, den man einer Newcomerband so kaum zutraut.

Natürlich spielen die Finnen (noch) nicht in der gleichen Liga wie ihre prominenten Referenzen. Aber wenn man bedenkt, dass „Innerdeeps“ ihr Debüt ist, muss man den Hut ziehen. Dieses Album klingt alles andere als nach einer ersten Fingerübung – vielmehr nach einer Band, die genau weiß, was sie will und wie sie klingt. Kein Song überschreitet die Sechs-Minuten-Marke, und dennoch schaffen es Royal Sorrow, in dieser kompakten Form enorme Tiefe, Dynamik und Atmosphäre zu entfalten.

Schon der Opener ‚Let Go‘ zeigt, wo die Reise hingeht: ein sphärisches, plätscherndes Intro öffnet den Raum, bevor Tesseract’sche Härte und Voyager-hafte Melodieverliebtheit aufeinandertreffen und sich gegenseitig hochschaukeln. Das Keyboardriff wirkt wie ein unvollendeter Auszug aus der Game Of Thrones-Titelmelodie – und bleibt unweigerlich im Ohr.

Mit ‚Metrograve‘ machte die Band 2024 erstmals auf sich aufmerksam – ein erstes Lebenszeichen und zugleich ein Ausrufezeichen. Technisch präzise, messerscharf und mit einem enorm eingängigen Refrain zeigt der Song, was Royal Sorrow ausmacht: kraftvolles Songwriting mit Pop-Appeal und progressiver Substanz. Markus Hentunens Stimme verleiht dem Ganzen jene emotionale Tiefe, die im Gedächtnis bleibt.

‚Samsara‘ entfaltete bereits live beim Euroblast eine beeindruckende Wucht – getragen von mitreißenden Background-Shouts („Samsara!“) und einer fast power-metallischen Energie, die auf Platte etwas subtiler mitschwingt.

vocal-driven journey about learning to accept imperfection

– so beschreibt die Band selbst ‚Release Your Shadow‘. Fragile Vocals treffen auf massive Riffs, hymnische Refrains und flirrende Synth-Schleier.

‚Evergreen‘ knüpft daran an – getragen von einer Gitarrenmelodie, die kleben bleibt, und einer wunderbar ausgewogenen Balance zwischen Härte und Harmonie. Ein Song, der gleichermaßen fließt und antreibt.

‚Survival Complex‘ treibt das Konzept an die Grenze: Es geht um den Konflikt zwischen Werten und gesellschaftlichem Verfall, um Hilflosigkeit, die in Wut umschlägt. Massiv, dicht und auf den Punkt.

‚Bloodflower‘ taucht danach in düstere Gefilde: groovend, gefährlich, tragisch – schön und zerstörerisch zugleich.Schön und gefährlich zugleich beschreibt den Song perfekt: Tragödie und Versuchung, verpackt in ein ebenso wuchtiges wie poetisches Klanggewand.

Mit ‚Looking Glass‘ folgt eine der stärksten Überraschungen des Albums. Nach anfänglicher Ruhe entfaltet sich eine epische Weite, die sich in eine grandiose Dynamik steigert – ein Song, der atmet, wächst und schließlich explodiert.

‚Give In‘ wiederum liefert eine dieser unwiderstehlichen Ohrwurmmelodien, schwer wie Blei und doch sofort im Kopf. Eine kraftvolle, eingängige Nummer, die Emotionalität und Härte perfekt vereint.

Das abschließende ‚Innerdeeps‘ ist kein Longtrack, wie man es bei einem Titelstück erwarten würde, hinterlässt aber einen bleibenden Eindruck: eingängig, voller Hooks, Breaks und Screams, mit einem elektronisch angehauchten A-cappella-Part, bevor eine letzte Breitseite aus djentigen Riffs und Electronica das Kapitel kraftvoll schließt.

Auch live zeigt das Trio, dass es mehr ist als ein Studio-Phänomen. Frontmann Markus Hentunen überzeugt mit charismatischer Präsenz und emotionaler Kontrolle – man spürt, dass Royal Sorrow bereit für größere Bühnen sind. Die anstehende Tour im Vorprogramm von Leprous dürfte zur echten Bewährungsprobe werden – und es spricht vieles dafür, dass sie sie glänzend bestehen und diese Gelegenheit für sich – wie einst Soen und Wheel – als Sprungbrett nutzen können.

„Innerdeeps“ ist kein lautstarkes Statement, sondern ein stilsicheres Debüt mit Haltung – emotional, progressiv, druckvoll, ohne sich in Selbstverliebtheit zu verlieren. Ein Album, das Türen öffnet – und eine Band, die sie bald selbst einrennen dürfte.
Bewertung: 11/15 Punkten


Credit: Jussi Ratilainen

Besetzung:
Markus Hentunen – Vocals, Guitars
Eero Maijala – Bass
Janne Mieskonen – Drums

Gastmusiker:
Juha Rapanen – Guitar Solo (‚Samsara‘)
Malka – Vocals (‚Looking Glass‘)
Heidi Sundström – Backing Vocals (‚Give In‘)
Lenno Linjama – E-Sitar (‚Bloodflower‘)
Álvaro Guerrero – Lunni Choir (‚Innerdeeps‘)
Theresa Henze – Lunni Choir (‚Innerdeeps‘)

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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.