Frayle - Heretics & Lullabies

Modern Gothic Doom • Alternative Rock • Stoner Metal
(43:25; Vinyl, CD, Digital; Napalm Records; 10.10.2025)
Vorsicht: Hipster-Alarm – hier passt zu viel zusammen. Frayle sind Female Fronted Modern Doom – spielen mit visuellen Gimmicks und passen auf viel zu konkrete Art und Weise in den hippen Flow aus goth-affinem Doom, Sludge, Stoner und Alternative. Grundpfeiler machen den Geisterhaften, ätherischen Sound sehr zielgruppensicher. Bitte richtig verstehen: Mit dem Opener ‚Walking Wounded‘ setzt man sofort einen Volltreffer. Slow, deep and hard – massive Gitarrenwände, sinistrer Gesang von Frontfrau Gwen Strang und eine schnell im Ohr verankerte Melodie – was will man mehr?

Das darauf folgende LanaDelRey-Cover von ‚Summertime Sadness‘ will ich eigentlich doof finden, aber es kickt auf unnachahmliche Weise – dank seiner heavy Wall of Sound. Jeder weitere Song läuft dann nach einem ähnlichen Muster. Man schwebt, schwerelos mit düsteren Synths aufgepumpt, in ‚Glass Clown Hearts‘ durch die Strophen, der Refrain ist aufgepumpter Heavy Shoegaze mit offensiven Gothic-Attitüden. Es gefällt und geht jederzeit gut ins Ohr. Nur fühle ich die Musik nicht so richtig, da sie auf mich plastisch wirkt – sehr zielgruppenorientiert.

Die Live-Performance, das schon sehr überinszenierte Visuelle in den Videos, spielt offensiv mit diesem äußeren Habitus, unter dem die echte Emotion schwerlich zu mir durchdringt. Ein bisschen Peter Steele/Type O Negative in „October Rust“ mit sludgig-hippen Mitteln und süßlicher Female Power – ohne in die Tiefe dieser Emotionen erlebbar vorzudringen.

Hier und da männliche Backing Vocals, die dem Ganzen zusätzlich etwas modernen Nu Metal zumuten – wie in ‚Boo‘ oder ‚Heretic‘. Trippig-massive Slo-Mo-Walzer wie ‚Demons‘, die dann irgendwann am ständig gleichen Zucker im Gesang in eine liebevolle Gleichschaltung zurückfallen. Wo Bands wie die Deftones Dynamik und emotionale Achterbahnfahrten inszenieren, wird hier im wiederkehrenden Modus zwar dicht und jederzeit eingängig-melodisch musiziert, aber man verwässert ab einem gewissen Punkt der Wiederholung.

Es ist wie zu viel Zucker obendrauf – zu viel Hochglanzabfahrt, ähnlich einem top produzierten Netflix-Movie. Es passt somit an der Oberfläche hervorragend: toller Sound, heavy, orchestral, theatralisch, visualisiert – aber am Ende bleibt ein ordentlich überzuckerter Beigeschmack, der selbst einem Fan der musikalischen Materie wie mir too much ist. Vieles lenkt mich zu sehr vom eigentlichen Kern ab – vielleicht bin ich für diese Art amerikanischen Rock-Zirkus einfach zu alt oder zu sehr auf echte Emotionen fixiert?
Bewertung: 10/15 Punkten


Besetzung:
Gwen Strang – Vocals
Sean Bilovecky – Gitarre

Surftipps:
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Napalm Records zur Verfügung gestellt.