Consequence Of Energy - Stairway To 11 (EP)
Alternative Metal • Crossover
(22:51; Digital; Los Lobos Records/Awal; 17.10.2025)
Wenn Consequence Of Energy die Verstärker anwerfen, spürt man sofort diesen Schub, der einst die 90er definierte: rohe Energie, Druck, und diese eigentümliche Mischung aus Wut, Intelligenz und Pathos, die man heute kaum noch hört. Kein Wunder also, dass Produzentenlegende Garth Richardson (Rage Against The Machine, Red Hot Chili Peppers, Alice Cooper) hellhörig wurde. Gemeinsam mit Engineer Dean Maher (AC/DC, KISS, Slayer) und Mastering-Guru Howie Weinberg (Nirvana, Metallica, System Of A Down) hat das chilenische Quintett eine EP geschaffen, die das Erbe des 90er-Alternative-Metal aufgreift und in ein modernes Klangbild überführt.
„Stairway To 11“ klingt wie ein Treffen von 90er-Jahre Faith No More, Deftones, Tool und Helmet, moderiert von Tribe After Tribe – rau, treibend und voller Atmosphäre. Dabei kopieren Consequence Of Energy niemanden, sondern nehmen diese DNA als Ausgangspunkt, um ihren eigenen Sound zu definieren.
Der Opener ‚Searching For Light‘ ist gleich ein Statement: Das Schlagzeug hämmert mit der Präzision und Körperlichkeit, die an Faith No Mores „Midlife Crisis“ erinnert – nur moderner, druckvoller, fast schon industriell. Der Refrain schwillt hymnisch an und erinnert mit seinen schwebenden Gitarrenflächen an Devin Townsends „Ocean Machine“, ohne je in Bombast zu kippen. Ein Song, der Dunkelheit und Hoffnung in einem Atemzug verhandelt.
‚Gaia‘ schlägt dann leisere Töne an. Der Titel ruft zunächst Assoziationen an Tiamats „Wildhoney“-Ära hervor, doch Consequence Of Energy gehen einen eigenen Weg: gezupfte Akustikgitarren, schwebende Synthies und ein Gesang, der in seiner Intimität und Phrasierung an Vincent Cavanagh erinnert. Das Stück entfaltet sich behutsam, entwickelt am Ende fast eine an Anathema erinnernde Weite – allerdings ohne deren Pathos.
Mit ‚Freedom‘ folgt eine klassisch strukturierte Alternative-Rock-Single: eingängig, düster, aber nie simpel. Der Song atmet die Melancholie des Post Punk, ohne seine metallische Härte zu verlieren.
‚Into The Void‘ führt diese Stimmung fort, nur tiefer, zäher, dunkler. Wer Therapy?s „Infernal Love“ noch im Ohr hat, wird sich hier zu Hause fühlen – bloß mit mehr Wut im Bauch und einem deutlich dichteren Sound.
Den Abschluss bildet ‚We Are One‘, das eigenständigste Stück der EP. Hier öffnen sich die Horizonte: südamerikanische Flötenklänge und tribalartige Percussion verschmelzen mit hypnotischen Gitarrenfiguren, die sich schrauben, winden, aufbauen – fast wie ein Ritual à la Tribe After Tribe, bis sich alles in einer rhythmischen Welle entlädt, die deutlich in Richtung Tool weist. Das ist großes Kopfkino, ohne auch nur eine Sekunde prätentiös zu wirken.
„Stairway To 11“ ist kein progressives Werk im Sinne späterer Tool- oder Deftones-Alben, aber dennoch überraschend abwechslungsreich und eigenständig. Consequence Of Energy bewegen sich souverän zwischen Alternative, Metal und Crossover, ohne auf Effekthascherei zu setzen. Stattdessen überzeugt hier eine Band, die aus ihren Wurzeln Kraft zieht und ihre Zukunft bereits in den Händen hält.
Mit dem geplanten Auftritt beim Lollapalooza Chile 2026 und einem kommenden Debütalbum („We Are One“, Anfang 2026) steht ihnen eine internationale Bühne offen. Doch diese EP reicht schon, um deutlich zu machen: Hier wächst etwas heran, das nicht einfach im Rückspiegel der 90er verharrt, sondern daraus Anlauf nimmt.
Bewertung: 11/15 Punkten
Tracklist:
1. ‚Searching For Light‘ (5:17)
2. ‚Gaia‘ (4:13)
3. ‚Freedom‘ (4:10)
4. ‚Into The Void‘ (4:28)
5. ‚We Are One‘ (4:43)
Besetzung:
• Rodrigo „Roli“ Cortés – Gitarre
• Diego Sagredo – Gitarre/Synthesizer
• Michael Bianchi – Gesang
• Pedro Santander – Bass
• Amaru López – Schlagzeug
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise Starkult zur Verfügung gestellt.