Asymmetric Universe - A Memory and What Came After
Progressive Metal • Fusion Jazz • Math Rock • Instrumental
(48:10; Vinyl, CD, Digital; InsideOut Music/Sony Music, 29.08.2025)
Wer mit einem modernen Crossover aus Progressive Metal, Djent und Fusion-Jazz nichts anfangen kann, wird das Debütalbum von Asymmetric Universe wahrscheinlich schon nach dem Opener ‚Coquelicot‘ abschalten wollen. Was ein Fehler wäre. Denn so verspielt-funky, so abrupt gebrochen durch Breakdowns und veredelt mit einem Richard Henshall-Solo – das ist fraglos ein Highlight, aber in keinster Weise repräsentativ für das Gesamtwerk.
‚Coquelicot‘ is quite a simple and funky prog/fusion song, with quite a playful and happy feeling … represented by the heavy and complex breakdown and the dissonant solo of Richard Henshall.
‚Fair Enough‘, das zweite Stück, zieht ähnlich mächtig nach, zeigt aber im Outro schon die Breite, auf der Nicolò und Federico Vese sich bewegen: Electronica trifft klassische Instrumente und einen pulsierenden Drumbeat, der fast schon wieder tanzbar ist. Dann *Don’t Go Too Early* – das ist der Moment, in dem die beiden zeigen: Fusion-Groove funktioniert auch ohne Djent-Riffs. Piano und Streicher atmen, es wird kammermusikalisch, bevor die Band die Zügel wieder aufnimmt.
Bei den beiden ‚Reaction‘-Teilen geht es ordentlich quer durch die Genres. ‚Reaction – Overthrow‘ vermischt harte Riffs mit Elektronica und steigt dann in eine Explosion aus Streichern und einem charmant verspielten Saxofon-Solo von Jared Yee. ‚Reaction – Thirst For Stars‘ wirkt danach fast sphärisch, wie ein entspannter Blick ins All nach dem Sturm. Mit ‚Recovery – Thirst For Stars‘ gönnt man sich ein kurzes, stimmiges Innehalten. ‚Feather On A Glass‘ bringt dann alles zusammen: Jazzballade, emotionale Tiefe – und trotzdem immer wieder ein Groove-Stich, damit es nicht zu weich wird.
‚Dancing Through Contradictions‘ ist rhythmisch eine kleine Herausforderung – polyrhythmisch vertrackt –, aber in den ruhigeren Passagen dürfen die Instrumente solieren so viel sie wollen. Das verspielte ‚Opaco‘ wirkt wie ein translucent-freies Experiment aus dem Studio, irgendwie bruchstückhaft, irgendwie magisch fragmentarisch.
Und dann das Finale: ‚Those Who Stay‘. Dank Bläser tauchen elegante Thank You Scientist-Vibes auf, bevor eine süßlich-bittere Melodie kommt, die unmittelbar Erinnerungen an ‚Hoppípolla‘ von Sigur Rós weckt.
Dass dieses Debüt so vielseitig ist, überrascht kaum – wenn man die Wurzeln der beiden kennt:
Federico komponierte schon für Radio Montecarlo und den Vergnügungspark Mirabilandia, arbeitet als Produzent, Gitarrenlehrer und Sounddesigner für Spiele. Nicolò dagegen hat Stücke für Orchester (Orchestra Sinfonica Sanremo), Musicals und Videospiel-Scores geschrieben und unterrichtet Komposition, Orchestrierung und adaptive Musiktechniken. Die Fusion dieser Welten ist exakt das, was dem Album seinen einzigartigen Charakter verleiht.
„A Memory And What Came After“ ist kein weiteres Prog-Fusion-Album. Es ist ein kaleidoskopisches Erlebnis, das Metal, Jazz, Electronica und Klassik nahtlos miteinander verwebt. Wenn man schon beim Opener das Handtuch wirft, verpasst man ein Album, das sich keine Schubladen gönnt – weil es sie alle sprengt.
Bewertung: 11/15 Punkten
Besetzung:
• Federico Vese – Gitarre, Gesang, Synthesizer, Schlagzeug, Winds Arrangement
• Nicolò Vese – Bass, Piano, Synthesizer, Strings & Winds Arrangement
Studio-Musiker:
• Gabriele Bullita – Schlagzeug
• Simone Garino – Saxophon
• Cesare Mecca – Trompete
• Raul Roa – Violine (Tracks 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9), Viola (Tracks 1, 2, 4, 5, 6, 9)
• Mitja Liboni – Cello (Tracks 1, 4, 5, 6, 9)
• Moisés Pirela – Viola (Track 3)
• Eugenio Catale – Cello (Track 3)
Gastmusiker:
• Richard Henshall – Gast-Gitarrensolo (Track 1)
• Jared Yee – Gast-Saxophonsolo (Track 4)
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.