Blue Moon Festival, 25.07.-27.07.25, Strombad Cottbus
Weniger ist manchmal mehr…oder so ähnlich!
Wiederholt führte es mich ins Strombad nach Cottbus zum chilligen Blue Moon Festival. Auch in 2025 lockte ein sehr buntes Programm/Line-up Metaller, Hipster, Freunde des Retro/Vintage Rock, jung und alt mit Lust auf Gitarren satt in die Open Air-Location. Die Wetter-Prognose ließ die Tage davor eigentlich nichts Gutes erwarten (es regnete in der Woche ja auch pausenlos) – aber wie so oft im Leben kommt es meist anders und in diesem speziellen Falle blieb der Wettergott gnädig an beiden meiner Anwesenheitstage bis in die Nacht. Für Essen/Getränke, Badespaß und anderweitige Unterhaltung (Mini-Kino) wurde erneut gesorgt und im ständig fließenden Wechsel agierten die Künstler zwischen großer Main Stage, kleiner Sidestage und dem Innenraum des Chekov. Der Autor durfte gerade in diesem Jahr erfahren und erleben, mit welcher Kraft gerade so manch Dreiergespann die Bühne rocken sollte und dank des omnipräsent fetten Bühnensounds hier und da machte es tatsächlich so gut wie jede Band zu einem Fest der Gitarren.
Freitag:
Noga Dimand
Halbwegs pünktlich vor Ort, erlebte ich in Auszügen die Youngster und Lausitzer Lokalmatadore von Noga Dimand, welche die kleine Sidestage rockten, bei der man – so man nicht gleich direkt vor der Bühne einen sicheren Platz findet – eher nur hören als sehen kann. Nicht dramatisch um diese frühe Zeit, da ist noch alles entspannt. Die Jungs waren sympathisch und rockten, was das Zeug hielt. Ihr Songmaterial liegt mehr im alternativen Bereich, dies hoch melodisch mit ordentlich Saft auf den Amps. Ausstrahlung/Attitüde kamen als kleines feines Warm-up bei den bereits Anwesenden sehr gut an.
Daily Thompson
Die Dortmunder sind natürlich längst eine Institution, auf vielen Festivals Stammgäste und die Band hatte Bock. Das Power Trio hatte einen richtig geilen Bühnensound, Bassistin Mercedes grinste im Dauer-Mode und generell hatte die Truppe einfach positive Vibes. Ich musste bei manchen Songs dank des schweren Grunge-Fundaments im Sound an die frühen Smashing Pumpkins denken, auch wenn die Band natürlich breiter aufgestellt agierte. So viel Groove – direkt ins Herz und Brust spielende Power Chords – ein starker Gitarrensound und hier fing meine mentale Liebelei mit dem sich später wiederholenden Gedanken an: „Wow, dies alles nur mit einer Gitarre – sowas von fett und heavy.“ Auch wenn die Band früh dran war, jeder Song war ein kleiner alternativer Hit, die Soli von Sänger/Gitarrist Danny gingen direkt durch jede Vene und dies alles mit praller Sonne nach einer Woche Dauerregen – Herz, was willst Du mehr?
Beehoover
Beehoover sind auch schon länger dabei, haben definitiv ihren ganz eigenen Vibe/Sound und machen als Duo ordentlich Alarm, sind wahlweise richtig stark in Sachen progressiven Grooves. All das ohne Gitarre, reichen hier vertrackte, sehr intensive Drums/Percussion und Effekt-behafteter Bass und ab geht die Reise. Was dabei auf der kleinen Sidestage zelebriert wurde, hatte Schmackes, war intensiv, proggy und voller dynamischer Kurzweil. Wenn man nichts erwartet, Ihr wisst ja..
Gnome
Die roten Wichtelmützchen einiger Fans/Zuschauer waren schon der versteckte Hinweis darauf, heute sind Gnome aus Antwerpen in de House. Ich möchte ehrlich sein, ich kann mit dieser Art funky-progressivem Stoner/Alternative Metal nicht so viel anfangen. Der immer etwas schräge, unterhaltsam freakige Sound ist handwerklich sicher ne Bank, mir persönlich ist es zu sehr auf schräge Unterhaltung im Primus-Stil gebügelt und auch wenn schmissig/eingängig metallische Rock-Nummern nicht von der Hand zu weisen sind – das Publikum dies zu honorieren wusste – fand ich nach Abzug der roten Wichtel-Hüte blieb so viel nicht übrig. Es ist letztlich nur ein ganz subjektiver Eindruck, den ein großer Teil des Publikums eh offensichtlich anders wahrzunehmen schien.
Nalar
Dann wieder fix zur Sidestage und dann doch nicht wirklich. Nalar aus Berlin spielen melodischen Death Metal – diesen auch mit ordentlich Finesse und Begeisterung – was mich stilistisch persönlich nicht wirklich hinterm Ofen hervorlocken konnte. Cool war die Performance trotzdem, vor allem der Sänger, aber auch die Mitmusiker tobten sich unmittelbar vor der Bühne mit Kontakt zum Publikum gehörig aus – sehr sympathisch das Ganze. Die Zuschauermenge honorierte auch diesen kleinen Quickie auf der Mini-Bühne mit Headbanging und einigem Applaus. So soll es sein..
The Atomic Bitchwax
Auf die Amis hatte ich mich gefreut und war auch gespannt, da ich das Power Trio bis dato trotz permanenter Live-Präsenz noch nie selbst erleben durfte. Die Jungs brauchten nur wenige Minuten, dann hatte man die Audience mit gehöriger Bühnenerfahrung, Mc5-Attitüde, dreckigem Rock’n Roll und sattem Fuzz auf den Amps schwer im Griff. Auch hier stand ich und staunte nicht schlecht, wie drei alte Hasen die Hütte so spielerisch rocken und das mit einer musikalisch handwerklichen Versiertheit, die automatisch ein Grinsen ins Gesicht trieb. Wie lässig alle drei ihre Instrumente bearbeiteten, einen höllischen Groove erzeugten und dabei aufreizend cool jeder seine Vokal-Beiträge schmetterte – nur geil und alter Sixties/Seventies-Vibe ist sowieso all inclusive. Das passte perfekt zum Wetter, hatte was von Woodstock in Klein, sind die Jungs in Sachen Style&Sound eh herrlich Vintage unterwegs. Starker und eindrucksvoller Auftritt mit Kurzweil.
Harakiri For The Sky
So, mit dreckigem Retro Rock war nun Schluss, die Sonne ging über in den abendlichen Fade Out. Das passte, kamen jetzt mit den düsteren Hipstern und sehr angesagten Post-Metallern von Harakiri For The Sky ganz andere Vibes über Cottbus. Die vielen Kutten/Patches-Träger, wahlweise Shirts mit Black Metal-Logos zielten schon im Vorfeld darauf ab, dass mit dem diesjährigen Blue Moon Line-Up auch die Fraktion des düsteren Metal auf ihre Kosten kommen sollte. Passendes Bühnenlicht und dauerhaft urbane Verzweiflung im Gesang ließen nun stimmungstechnisch ganz andere Atmosphären vibrieren. Der Sound auf der Bühne war bis auf seltsame Mikro-Probleme ordentlich, latent oldschoolige/katatonische Gitarren-Leads verbreiteten melancholische, brachiale Schwere – als wäre ich dagegen abgeneigt, haha. Die gewisse Eindimensionalität im Gesang, der immer gleiche Ausdruck von Schmerz und Sehnsucht ist auf Platte gefällig und schnittig – live in der Performance des Sängers etwas eingleisig. Egal, man konnte sich darauf einlassen und die Song-Auswahl war hervorragend. Die Band agierte sympathisch/leidenschaftlich, geschlossen und energetisch – was will man mehr?
Mantar
Mantar aus Bremen, was war ich gespannt! Das Duo inszeniert sich seit Jahren als störrisch eigenbrötlerisches Gespann, welches die Grenzen zwischen Black Metal, Doom, Sludge, Grunge, Hardcore, Punk und düsterem Rock’n Roll lässig aufzulösen weiß und am Ende einfach nur Mantar ist. Allein schon der Aufbau, die Minuten vor dem Auftritt waren unterhaltsam, merkte man die bereits vorhandene Spannung unter den beiden Musikern. Fuck it, man legte irgendwann einfach los und wie sich beide seitlich zueinander auf der Bühne positioniert gegenseitig an die Wand rocken – der angepisste, stets zynisch moderne Black Metal-Bastard sich durch seinen Set spielte – war schon herrlich abgefuckt auf den Punkt. Alles reduziert, kompakt und einfach grundsympathisch. Die Ansagen von Sänger/Gitarrist Hanno haben ihre ganz eigene Form von Ironie/Zynismus, die in rot getauchte Bühne ließ das fiese kleine Monster Mantar im richtigen Licht erstrahlen und die Jungs rockten gehörig mit ihrer kleinen dreckigen Form von modernem angewiderten Black Metal, der mit so viel eigenen Vibes Vergleiche von vornherein schwierig machte. Dies hat richtig Bock gemacht und war man vorher etwas fußlahm, kam die Energie wie von allein zurück in die müden Knochen. Starker Headliner…so konnte man in die Nacht gehen, auch wenn im engen, kleinen verschwitzten Chekov noch Praise The Plaque und Sonic Sisters Society bis knapp 2:00 Uhr Krach fabrizierten.
Samstag:
Rifftree
Das Duo aus Zagreb braucht ebenfalls nur Bass und Drums in ihrer Performance – richtig laut und fuzzy wird man trotzdem mit ordentlich Wumms im Hintern. Auch hier lebt man dank Verzerrer, Amplituden und Effekt-Geräten seine Art Fuzz/Stoner bis zum Anschlag aus. Zum wieder reinfinden am Samstag nicht verkehrt, auch wenn ich nur einen kleinen Teil mitbekommen habe.
Earthbong
Der Bandname passt hier ohne wenn und aber zum Sound dieses Kieler Trios. Ein auf der Brust vibrierender, massiver Tune, den die Jungs als Teppich/Fundament da mit nach Cottbus brachten. Erneut nur zu dritt wird hier in Sachen doomiger Heavyness eine Wand hochgezogen – mit Growls und allem was dazu gehört – meine Herren, da war ich erneut baff. Die Songs haben immer wieder unruhige dynamische Drums – Drone und satter Stoner Doom lassen das Ganze nicht komplett statisch erscheinen. Die Band hatte ebenfalls einen kraftvollen Bühnensound verpasst bekommen, Klampfe und Bass sind ein breit ausgelegter Teppich, auch wenn natürlich eine gewisse Monotonie nicht ganz ausbleibt. Zum weiteren wach werden passte auch dieser Brachialsound ohne weiteres.
Cannabineros
Ja, dieses Duo gehört wohl direkt zum Inventar des Blue Moon und hat mit dem verrückten, stets überdrehten Drummer Säsh einen Alleinunterhalter, der verbal, aber auch hinterm Kit immer ordentlich über die Stränge zu schlagen weiß. Absolut sympathisch und verrückt böllern die 2 Berliner durch ihren Sidestage-Set, haben Spaß und rocken wie Sau. Vorne stehend bekomme ich natürlich jeden Blödsinn des Drummers mit und so vergeht der Auftritt der beiden agilen Musiker wie im Flug. Meist straight rockig weiß der Stoner-Jam auch musikalisch zu bespaßen. Säsh sollte trotzdem über eine Karriere als Entertainer nachdenken (diese Andi Strauss Deja Vus machen einen ja wahnsinnig).
Kant
Es ist noch nicht lang her, da hab ich die letzte Studio-Platte der deutschen Kant für gut befunden und auf dem Blue Moon stellte man mit kunterbuntem Vintage-Psych-Rock auch live unter Beweis, dass man diese Art Retro-Sound musikalisch wie auch optisch authentisch auf die Bühne bekommt. Eine jederzeit positive und sympathische Kommunikation seitens des Sängers, ein gut ausbalancierter Gig zwischen balladesk psychedelisch und entspannt rockend ließ die Audience zufrieden schunkeln. Die Youngster wussten definitiv zu gefallen mit ihrem Retro Charme und sammelten unter Garantie einige zusätzliche Sympathie-Punkte im Publikum.
Heckspoiler
Mit Heckspoiler aus Österreich hatte ich ebenfalls bis dato keine Berührungspunkte. Mit wilden Sludge/Punk Versatzstücken schepperte man sich auf der Sidestage durch den kurzen Set, auf dem doch einige der Zuschauer explizit gewartet haben. Energetisch war’s definitiv mit synchroner Optik, roh und voller Power – mein Sound war es nicht so ganz, wenn auch die Ösis mit ordentlich Beifall und Sympathiebekundungen von der Bühne geklatscht wurden.
Dirty SoundMagnet
Mit den Schweizern von Dirty Sound Magnet kam erneut ein hyperaktives Trio auf die MainStage, die ihren funkigen Retro/Alternative-Rock mit aufgestachelter Attitüde performten. Irgendwie angenehm drüber, hyperenergetisch und extrem extrovertiert agierte vor allem Sänger Stavros, der immer wieder die Interaktion zum Publikum suchte. Zwischen kurzen und knackigen Abfahrten gab es immer wieder mal Jam-artige Psych Rock-Anwandlungen, sodass der ganze Spaß auch hier extrem kurzweilig und positiv im Austausch blieb.
(leider ohne Fotos)
My Sleeping Karma
Die Jungs muss man sicher nicht mehr irgendwem vorstellen, sind sie doch eine der aktivsten und populärsten Instrumental-Psych-Rocker aus deutschen Landen. Nach dem schweren Schicksalsschlag in 2023 (Drummer Steffen erlag seinem Krebsleiden) war es für mich als Besitzer aller Platten in Vinyl endlich mal die Ehre, die Jungs live zu erleben. Die positive Anspannung seitens des Publikums im langsam nächtlicher werdenden Venue passte hervorragend zu dem, was folgen sollte. Im durchgehend perfekt visuell untermalten Set durfte man sich einfach nur richtig schön fallen lassen. Großartige Gitarren, generell ein Meer an Atmosphäre ließ für eine Stunde mal komplettes Abschalten zu – ein Hochgenuss und auch hier ein riesiges Kompliment an die Sound-Leute! (denen ich eben dieses auch persönlich aussprechen musste, hatten alle Bands einen Gitarren-Sound vom Feinsten!).
Melvins
Ja mit den Kult-Bands ist das immer so eine Sache. Andere werden reich dank einzelner Hits, Radio-Airplay..was auch immer. Dann gibt es Bands wie die Melvins um den schrägen Buzz Osborne, die für so viele nachfolgende Alternative Acts eine so immense und wichtige Vorreiter-Rolle einnehmen, eben diesen speziellen Kultstatus für sich beanspruchen dürfen nach über 40 Jahren Band-Geschichte. Alles egal am Samstag, ich darf die Melvins endlich mal live sehen und gut ist es. Eine gefühlte Ewigkeit im Umbau/Soundcheck (ja ich weiß, zwei Drums müssen erstmal in die richtige Konfiguration gebracht werden) und dann geht das Spektakel los. Herrlich, wie die vier Musiker mit ihrem so eigenwilligen Sound aus Grunge, Noise, Doom und Punk, einer doch sehr speziellen Optik einfach ganz klar sie selbst sind und es macht Laune. Ob ich mir die Jungs im heimischen Wohnzimmer zu Gemüte führen würde, kann ich mir noch immer nicht so beantworten. Bisher ging der Kelch immer an mir vorbei, um so cooler war’s mal, sie direkt von der Bühne ohne jeden Vorbehalt zu erleben. Die Jungs sind laut, verrückt und unberechenbar. Die musikalische Mischung nebst optischen Sperenzchen unterhielt hervorragend und es hat definitiv Spaß gemacht. Somit Gute Nacht Cottbus, auch wenn im kleinen Chekov noch Spirit Mother angesagt waren. Aber 9h Live-Musik am Stück mit den Melvins als Headliner passte zum Finale!!
Sonntag:
Slomosa – Valley Of The Sun – Methuselian – Zhaat
Fazit:
Für den Sonntag gab es noch ein kleines Auslauf-Set mit u.a. Slomosa, Valley Of The Sun und Operators…nur nicht für mich. Ein riesiges Kompliment nochmal an die fleißigen Veranstalter, die erneut ein spannendes, abwechslungsreiches und musikalisch sehr in die Breite musizierendes Buffet zu bieten hatten, bei dem wohl kein Freund der lauten Gitarren, des jubilierenden Basslaufs und wilden Drummings nur eine Sekunde zu kurz kam. Der Bühnensound, und ich muss es gern erneut aussprechen, war der blanke Wahnsinn – was kommt so manchmal aus nur einer Effekt-beladenen Gitarre alles so heraus? Weniger ist manchmal mehr – denk ich an all die Trio-Konstellationen – die oft mehr Krach erzeugen als manch dick aufgestellte Metal-Band in einem Berliner Club. Essen, Trinken, Zeltplatz, entspannte Menschen, relaxte Atmosphäre, Merchandise-Stände – es war wie immer nicht zu viel und auch nicht zu wenig. Gebadet wurde auch erneut in der Spree und der Regen blieb glücklicherweise aus. Viele zufriedene, gut gelaunte, begeisterte und lächelnde Gesichter – was will man mehr? Ich hoffe, die Organisatoren erhalten in Zukunft etwas mehr Unterstützung von Seiten der Stadt Cottbus bzw. können dieses wohl weitestgehend DIY-aufgestellte, sehr liebevoll gestaltete Festival von Fans für Fans in der Zukunft in ähnlicher Form stemmen. Es wäre wünschenswert und ich sage Tschüss bis hoffentlich auf bald in 2026!
Alle Fotos wurden uns freundlicherweise von Kandziora-Photo zur Verfügung gestellt.