Matt Jencik & Midwife - Never Die
(44:40; CD, Vinyl, Digital; Relapse Records, 11.07.2025)
Ein bisschen voreingenommen bin ich zugegebenermaßen. Die letzten Releases von Midwife waren einfach genau mein Ding, verhuscht atmosphärisch und melancholisch verträumt, mit dieser Art zerbrechlichen, nebulösen Female Vocals, die man als Freund der eher dunklen Nischen sofort ins Herz schließen durfte. Die Kollaboration mit Matt Jencik (u.a. Implodes und Don Caballero) setzt zum Glück in Sachen Sounds und Arrangements auf die Stärken von Madeline Johnston, soll heißen, man spaziert durch Slo Mo Partituren, driftet mit in Watte getauchten Vocals und Sounds behutsam durch die Synapsen des Hörers. Alles bleibt verwaschen, sphärisch, immer etwas unkonkret, wenig greifbar, aber genau dadurch findest Du mit dieser surrealen Traumwelt schnell einen verwunschenen, irgendwie friedvollen Ort zur Einkehr. Für Jencik ist die Vorstellung und Tatsache, geliebte Menschen eines Tages an den Tod zu verlieren, eine so unvorstellbare, dass er es, so er dies könnte, mit allem was er hat vermeiden würde. Dafür steht „Never Die“ lose konzeptionell und Midwife dient hier als spirituelle Führerin, sang sie einst „Ich will nicht ewig leben, wieder und wieder“ und spornt dazu an, im Hier und Jetzt inniger und intensiver zu leben.

‚Delete Key‘ eröffnet mit schwebenden Drones/Synth-Flächen, klingt nach Nacht und Einsamkeit, natürlich mit dieser aufgeladenen Melancholie und gehauchten Vocals aus der Anderswelt…sehr berührend. Mit minimalen Loops, leicht verzerrten Gitarren und beidseitigem Gesang wird in ‚Don’t Protest (Too Much)‘ maximales Kopfkino erreicht, schraubt man die Sounds am Ende noch etwas ins Rauschhafte. ‚Flower Dragon‘ braucht ebenfalls nur diese himmlisch ätherischen Vocal-Lines, einen Hauch fragiles Shoegaze-Geschrammel und geht ohne jeglichen Rhythmus – aber trotzdem sehr dicht inszeniert – durch die Ziellinie. ‚The Last Night‘ klingt auch so, hat dank der flächigen 80s-Synths was von der urbanen Traurigkeit/Leere der frühen Ergüsse von M83. ‚Bend‘ ist melodiöser Drone-Pop, der Titelsong klingt dank der Loops und akustischen Akkorde intimer und unmittelbarer, natürlich erneut außerweltlich und wunderschön. Im ambienten, erneut sehr einsam klingenden ‚Only Death Is Real‘ haucht die Sängerin meditativ das Unvermeidliche heraus. Gute Unterhaltung und volle Kraft voraus geht anders, so besteht ‚Organ Delay‘ nur aus meditativen Sound-Schleifen. Die abschließenden ‚September Goths‘ und ‚Rickety Ride‘ brechen zwar nichts komplett auf, stehen aber mit etwas mehr Rhythmus, Power und deutlicheren Song-Schemata näher am klassischen Song. Diese Art Ghost Pop/Drone-Gaze mit ätherischem weiblichen Gesang ist Musik für den speziellen Moment, ähnlich des Denovali-Acts Birds Of Passage. Einlullend, ätherisch die Sounds, dabei schwermütig, trotzdem hoffnungsvoll spazieren die beiden vorsichtig durch ein einziges Nebelmeer aus nicht greifbaren Bildern.
Bewertung: 12/15 Punkten (FF 12, RB 12)
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Petting Zoo Propaganda zur Verfügung gestellt.