Quinquis – Seim

Quinquis - Seim (Mute, [PIAS], 20.05.22)
Credit: Richard Dumas
(37:50; Vinyl, CD, Digital; Mute Records/[PIAS], 2022)
Brezhoneg. Føroyskt. Cymraeg. Drei Eigenbezeichnungen von Sprachen, die auf dem europäischen Kontinent so selten geworden sind, dass nur die wenigsten diese Idiome schon einmal mit eigenen Ohren gehört haben dürften: Bretonisch, Färöisch und Walisisch.

Quinquis könnte da vielen Menschen Abhilfe verschaffen, denn neben der bretonischen Muttersprache der Künstlerin sind auf ihrem Album “Seim” auch die das Nordgermanische der Färöer Inseln (‘Run’) sowie die das Keltische der Waliser (‘Netra ken’) zu hören.

Und so erklärt sich auch der ungewöhnliche Projektname, der hinter “Seim” steht. Denn Quinquis ist nicht nur die frankophone Schreibweise des bretonischen Mädchennamens der Künstlerin Émilie Tiersen, sondern, in seiner urspünglichen Schreibweise Kinkiz (sprich: kɛ̃kis, Anm. der Redaktion), auch die Bezeichnung für ein von Bäumen umgebenes Haus auf der Spitze eines Hügels.

Ein Name, der als Rückbesinnung auf Tiersens persönliche Geschichte und familiäre Wurzeln zu verstehen ist, denn bisher war die Ehefrau des für den Soundtrack des Filmes “Le fabuleux destin d’Amélie Poulain” (dt. “Die fabelhafte Welt der Amélie”) verantwortlichen Musikers Yann Tiersen unter dem Künstlernamen Tiny Feet unterwegs gewesen. So begann Émilie Tiersen, in einer Zeit großer persönlicher Veränderung, nicht nur ein Interesse an der bretonischen Kultur, Geschichte und Identität zu entwickeln. Sie ist auch Mutter geworden und hat sich im Zuge dessen dazu entschieden, ihr Kind in ihrer keltischen Muttersprache aufzuziehen. All dies wirkte sich natürlich auch af die Musik der Künstlerin aus, sodass sie sich nicht nur stilistisch neu orientierte, sodern gleich den alten Alias ablegte, um fortan unter dem namen Quinquis zu firmieren.

So ist ihr aktuelles Album “Seim” weniger Indie-Pop als die beiden Tiny-Feet-Longplayer “As An End To Death” (2017) und “Tiny Feet” (2014), sondern vielmehr ein elektronisches Ambient-Werk mit Wurzeln in der keltischen Tradition. Allerings auch nicht ganz frei von einem gewissen Pop-Appeal, was man Stücken wie ‘Te’, dem zerbrechlich wirkenden ‘Ôg’ oder auch der pulsierenden Single ‘Adkrog’ unschwer anhören kann.

Unterstützung fand Tiersen dabei im Produzenten Gareth Jones, der nicht nur die Synthesizer einspielte, sondern während des Schöpfungsprozesses zu ihrem künstlerischen Kontrapunkt wurde.

Das Album offenbarte sich in dem Hin und Her, das Gareth und ich hatten. Es war wirklich unerwartet, denn Gareth und ich sind das komplette Gegenteil voneinander – er war das Licht meiner Dunkelheit.

The record revealed itself in the back-and-forth Gareth and I had. It was really unexpected because Gareth and I are quite
the opposite – he was the light to my darkness.

Und so ist “Seim” ein sehr introspektives wie persönliches Album geworden, dem man Émilie Tiersens Verbundenheit zur Atlantikinsel Ouessant und zu ihrer bretonischen Heimat auf ähnliche Art und Weise anmerken kann, wie im letzten Jahr Yann Tiersens “Kerber”. Zwei Alben, die wohl bald zum kulturellen Erbe Oussants gehören dürften, da beide es schaffen, die alte bretonische Tradition mit modernsten Klängen zu verbinden und so zum Überleben der bretonischen Sprache beitragen dürften.

Ein Album, dem man anhört, dass es von Herzen kommt!
Bewertung: 11/15 Punkten

SEIM by QUINQUIS

Quinquis - Seim (Mute, [PIAS], 20.05.22)
Credit: Richard Dumas

Besetzung:
Émilie Tiersen
Gareth Jones

Gastmusiker:
Ólavur Jákupsson (Gesang- track 4)
Emily Chappell (Erzählung – track 7)

Diskografie (Studioalben):
Als Tiny Feet: “Tiny Feet” (2014)
Als Tiny Feet: “As An End To Death” (2017)
“Seim” (2022)

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Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Mute Records zur Verfügung gestellt.