Thank You Scientist, Vasa, 14.02.20, Mainz, Schon Schön

Es ist begrüßenswert, wenn sich Clubs vor allem dadurch auszeichnen und profilieren, dass sie Bands buchen, die ansonsten von Venues und Tourveranstaltern schmerzlich vernachlässigt werden. Das Schon Schön in Mainz kann man ohne Zögern zu dieser Art von Veranstaltungsorten zählen. Alleine im Februar 2020 traten hier mit Aiming For Enrieke, Hypno5e und Thank You Scientist drei Bands aus dem Prog(-Fahrwasser) als Headliner auf, welche auf ihren Tourneen ansonsten keine Konzerte auf deutschem Boden spielen.

Während spärlich gesäte Konzerte bei europäischen Gruppen nicht weiter tragisch sind – sie touren ja meist regelmäßig auf unserem Kontinent – sind solche bei Gruppen aus Übersee dann doch eher ärgerlich, da man hierdurch seine Lieblinge leicht verpassen kann. Oder sie sind dann doch eher ein Segen, wenn man, wie ich im Falle von Thank You Scientist, einen Besuch einrichten kann.

Vasa

Begleitet werden Thank You Scientist an diesem Abend von Vasa, einer im Jahre 2012 gegründeten Formation aus Glasgow im Norden Großbritanniens, welche sich dem instrumentalen Post Rock verschrieben hat.

Die Schotten scheinen den meisten anwesenden Gästen des Schon Schön noch unbekannt zu sein. Vasa stellen an diesem Abend unter amderem Lieder ihres eine Woche später erscheinenden Albums “Heroics” vor.

Musikalisch verbinden Blaine Thompson (Gitarre), John Niblock (Bass), Scott Coupar (Gitarre) und Niall Morison MacRae (Schlagzeug) ein atmosphärisches Grundgerüst aus Post Rock-Elementen mit den technischen Finessen des Math Rock.

Technisch-musikalisch kann der schottische Vierer durchaus überzeugen, doch zu Jubelstürmen vermag er das Mainzer Publikum nicht hinzureißen.

Atmosphärisch dicht und technisch anspruchsvoll lassen viele der dargebotenen Lieder einen Spannungsbogen vermissen. Und so fehlt es der Band, vor allem im direkten Vergleich mit dem abweschlungsreichen Progressive Rock des Headliners, an markanten Höhepunkten in ihren Songs. Nichtsdestotrotz vermögen es Vasa, viele der Zuschauer in ihren bann zu schlagen. Dies zeigt sich darin, dass es während des Auftrittes verhältnismäßig still im Saal ist, denn viele der Zuschauer lauschen andächtig.

Es ist Musik, der man vermutlich mehr als einmal lauschen muss, bevor sie endgültig zündet.

Thank You Scientist

Der heutige Auftritt der Thank You Scientists ist etwas ganz besonderes, denn er ist, im Rahmen dieser Tour, nicht nur der einzige auf deutschem Boden, sondern auch die einzige Headliner-Show in Festlandeuropa. Dass die Band aus Montclair in New Jersey kaum gebucht worden ist, liegt wahrscheinlich mehr am schlechten Vertrieb des neuen Albums “Terraformer” als an dessen Qualität. Dort wo die Scheibe besprochen worden ist, wurde sie durch die Bank abgefeiert. Allerdings kam “Terraformer” in den meisten einschlägigen Print- und Onlinemedien gar nicht erst vor. Leider, denn so verpassten viele Fans nicht nur eines der besten Prog-Alben des Jahres 2019, sondern auch, wie sich an diesem Abend zeigen soll, die Chance, einer grandiosen Live-Band beizuwohnen.

Thank You Scientist, Schon Schön 08

Thank You Scientist sind keine gewöhnliche Progband, denn neben einem Sänger (Salvatore Marranos) und Musikern an den Standartinstrumenten Gitarre (Tom Monda), Bass (Cody McCorry) und Schlagzeug (Joe Fadem) gehören auch ein Geiger (Ben Karas), ein Saxofonist (Sam Greenfield) sowie ein Trompeter (Joe Gullace) dem Ensemble aus New Jersey an.

Thank You Scientist, Schon Schön 03

Thank You Scientist, Schon Schön 02

Die Musiker sind heute alle sichtlich guter Laune, so dass sie auf der Bühne nur so vor Elan
und Spielfreude strotzen. Selbst Frontmann Salvatore Marranos, der nicht gerade eine Rampensau ist, schafft es das Publikum mit seiner eher zurückhaltenden Art zu begeistern, Die Setlist besteht zu großen Anteilen aus Songs des aktuellen Albums, und so ist es dann auch kein Wunder, dass das Septett gleich mit dem Doppel ‘Wrinkle’ und ‘FXMLDR’ (Fox Mulder!) ihren Auftritt eröffnet, denn die beiden Lieder funktionierten schon sehr gut als Einstieg in “Terraformer”. Schon hier zeigen sich nicht nur die musikalischen Parallelen zu Coheed and Cambria, The Mars Volta, sondern auch jene Aspekte, welche Thank You Scientist von diesen Bands unterscheidet. Aufgrund der Violine, der Bläsersätze und ihren fast poppigen Hooklines ist die Musik der US-Amerikaner trotz aller Komplexität stets eingängig und sogar fast tanzbar!

Neben den beiden “Terraformer”-Singles ‘Swarm’ und ‘Terraformer’ sowie ‘Anchor’ und
‘Chromology’ vom selben Album, wird heute auch auf die Vorgängerplatten “Maps of Non-Existent Places” aus dem Jahre 2012 und “Stranger Heads Prevail” aus dem Jahre 2016 zurückgegriffen.
Dies ist besonders für Neufans wie mich erfreulich, denn so kann ich mich davon überzeugen, dass die Band schon vor “Terraformer” Musik der Spitzenklasse produziert hat. Vor allem die Zugabe ‘My Famed Disappearing Act’ haut mich an diesem Abend aus den Socken.

Für die anwesenden Zuhörer ist die Mischung aus Prog, Metal, Pop und Fusion ein Anlass zum abfeiern. Denn egal ob man Thank You Scientist aufgrund ihrer verschachtelten Arrangements, ihrer technischen Spielfertigkeit, ihrem Rhythmusgefühl oder ihren Popmelodien mag, heute Abend ist für jeden Liebhaber anspruchsvoller progressiver Musik etwas mit dabei.

Wie schade, dass sich dies noch nicht herumgesprochen hat, denn Thank You Scientist hätten ein deutlich größeres Publikum verdient. Die Bühnen der großen Prog-Festivals scheinen wie gemacht für diese außergewöhnliche Band!

Setlist:
Vasa
Thank You Scientist

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