Der Neue Planet, Morning Mode, 25.01.20, Köln, Hopla

Als jemand, der fast sechs Jahre in Deutschlands Elektro-Hochburg Berlin gelebt hat, bin ich noch immer von der Musikszene im Rheinland begeistert. Dies gilt nicht nur für die große Anzahl bekannter nationaler und internationaler Bands aus dem Prog und Post Rock/Metal, die auf ihren Touren in der Region haltmachen, sondern insbesondere auch für die Vielzahl an lokalen Newcomerbands.

Vor allem in Köln scheint es für diese Newcomer allerdings nicht einfach zu sein, Auftrittsmöglichkeiten zu finden, da ein Gros der Live-Locations Geld von den Bands verlangt, wenn diese dort auftreten wollen. Schaffen es diese Gruppen also nicht, genügend ihrer eigenen Fans für die Live-Konzerte zu mobilisieren, kann es durchaus vorkommen, dass die Musiker am Ende des Abends draufzahlen müssen.

Im Anbetracht dieser Tatsachen ist es äußerst begrüßenswert, dass es seit September 2019 ein neues künstlerorientiertes Veranstaltungsformat in Köln gibt: Audio Kino Kalk.
Ins Leben gerufen von Ramin Moozeh, seineszeichens Gitarrist bei Der Neue Planet, und in Kooperation mit dem Hopla in Köln-Kalk, bietet das Audio Kino vor allem aufstrebenden lokalen Bands eine Möglichkeit sich einem größeren Publikum zu präsentieren, ohne dabei ein finanzielles Risiko eingehen zu müssen, da der größte Teile des Eintritsspreises direkt an die Bands fließt.
Die Organisatoren haben sich bei ihrem Konzept keinem spezifischen Genre verschrieben, sondern agieren stilflexibel. Trotzdem ist auffallend, dass alle bislang aufgetretenen und sogar alle für die Zukunft angekündigten Bands aus zum BetreutenProggen kompatiblen Stilrichtungen stammen.

Erste Konzerte der Reihe hatte es bereits im vergangenen Herbst gegeben, als im September The Doghunters und The Irrational Library sowie im Oktober Lingua Nada und Planisphere zu Besuch auf der Schäl Sick kamen.

Nach einer zweimonatigen Winterpause meldet sich das Audi Kino Kalk im Januar 2020 wieder zurück. Es ist ein besonderer Anlass, da Veranstalter und Organisator Ramin Moozeh dieses Mal mit seiner eigenen Band auftritt. Begleitet wird Der Neue Planet dabei von Morning Mode, einer Instrumantalband aus Mainz und seinem Umland.

Morning Mode

Es scheint sich in Köln schon herumgesprochen zu haben, dass es in Kalk mittlerweile einmal im Monat hochklassige Rockmusik für wirklich kleines Geld (7 Euro) gibt . Als Morning Mode gegen 20:30 Uhr die Bühne betreten ist das beschauliche Hopla schon gut gefüllt. Das Quartett, bestehend aus Daniel Philip Brenner (Bass), David Stahl (Schlagzeug) sowie Andreas Marx und Oliver Kirsch (Gitarre) hat sich mit seiner Musik einer Mischung aus Progressive Rock und Post Rock verschrieben und ist nach eigenen Angaben u.a. von Karnivool, Porcupine Tree, Oceansize, Dredg, sowie Tool und Radiohead beeinflusst worden.

Die vier Musiker selbst haben eine eher unauffällige Erscheinung, als sie sich ins Rampenlicht des Hopla begeben – das steht völlig im Gegensatz zu der Musik, die sie produzieren. Schon der Opener ‘Motif’ vom Album “Short Story” lädt das Publikum auf eine über zwölfminütige Reise ein, auf der energiegeladene Post-Rock-Teppiche aus verzerrten Gitarren auf wunderbar einprägsame Melodien treffen. Diese erinnern immer wieder an langsam gespielte Gitarrensoli, bei welchen jeder einzelne Ton in die Länge gezogenen wird. Es ist Musik zum Träumen bei der man allerdings auch immer wieder wunderbar abrocken kann. Wie gebannt folgt das Publikum dem souveränen Auftreten auf der Bühne, und feiert Stücke wie ‘Odissey’ und ‘Ruby’ vom letztjährigen Album “Vessel” sowie das 2016er ‘Temporal Order’ mit gebührenden Applaus.

Bis zum Ende des regulären Sets steht bei Morning Mode die Musik im Mittelpunkt. Erst dann wenden sich die Musiker in rheinhessischer Mundart dankend an das Kölner Publikum, bevor es als Zugabe mit ‘The Ocean’ noch Morning Modes Debüt-Single aus dem Jahre 2015 auf die Ohren gibt.
Geht man von den Publikumsreaktionen aus, so dürfte es nicht der letzte Auftritt der Rheinland-Pfälzischen Band in Köln gewesen sein.

 

Der Neue Planet

Für den Headliner ist es heute in dreifacher Hinsicht ein Heimspiel: erstens kommt die Band aus dem rechtsrheinischen Köln. Zweitens ist Gitarrist Ramin, wie schon beschrieben, der führende Kopf hinter Audio Kino Kalk. Und drittens waren Der Neue Planet die erste Band, die jemals im Hopla auftreten durfte.
Im Vorfeld war schon irgendwie klar gewesen, dass es heute voll werden würde, denn weit über 200 Menschen hatten in sozialen Netzwerken ihr Interesse am Event bekundet. Dass das Hopla dann aber mit 180 zahlenden Gästen wirklich ausverkauft se in würde, das ist nicht nur ein voller Erfolg, sondern auch eine kleine Überraschung.

Und nicht wenige der Zuschauer scheinen extra wegen Der Neue Planet gekommen zu sein. Ob sie schon im Vorfeld wussten, dass es heute der erste und letzte Auftritt der Band im Jahre 2020 auf Kölner Boden sein wird? Zwar werden in den nächsten Monaten vereinzelte Auftritte außerhalb der Domstadt erfolgen, doch verspricht die Band, sich im Laufe des Jahres vorwiegend der Arbeit an ihrem neuen Album zu widmen. Material scheinen Claudius Pleiß (Schlagzeug), Kristina Schmitz (Bass), Tim Descher und Ramin Moozeh (beide Gitarre) schon reichlich geschrieben zu haben. So ist fast die Hälfte der an diesem Abend gespielten Liedern bisher unveröffentlichtes Material.

Und so legt die Band auch gleich mit einem neuen Song los. Im Vergleich zu Morning Mode ist Der Neue Planets (oder muss es Des Neuen Planeten heißen?) Variante des Post & Progressive Rocks etwas wenig weniger verspielt. Stattdessen kommen deutliche Stoner-Rock-Einflüsse zum Vorschein. Schon nach dem ersten Lied zollt das Publikum ordentlich Tribut in Form von begeistertem Applaus. Es ist eine Bombenstimmung in der Bar, die sonst wohl noch nicht einmal während des Karnevals so vollgestopft ist. Mit ‘Die Würmer von Arrakis’ und ‘Fintelwudelwix’ folgen zwei Stücke vom psychedelisch angehauchten 2018er Album “Magrathea Erwacht”. Während ersterer Titel sich eindeutig auf Frank Herberts Science Fiction-Klassiker “Dune” bezieht, muss man sich bei letzterem Lied schon fragen, was die Band wohl zu sich genommen haben muss, um auf einen solchen Titel zu kommen, beziehungsweise solch abgefahrene Musik zu produzieren. Der Stilmix mit immer wieder treibenden Passagen wirkt förmlich elektrisierend auf das Publikum. Im Mittelpunkt des geschehens steht dabei immer wieder Gitarrist Ramin, welcher durch seine Tapping-Technik und Soli starke Akzente setzen kann.

Ramin ist es dann auch, der kurz die Band vorstellt: „Wir sind der Neue Planet. Wir spielen Lieder ohne Text.“ Passender gehts kaum! Den Abschluss des regulären Sets bilden wiederum zwei neue Nummern, von denen die erste auch scon einen Namen hat: ‘Area Fifty-Fun’.

Als sich der Abend dem Ende zuneigt, wird schnell klar, dass das ohne Zugabe nicht funktionieren kann. Und so packen die vier Musiker aus Mülheim am Rhein eines ihrer ältesten Lieder aus: ‘We’ll Always Try to Make You Smile’ von der 2016er Debüt-EP, die genauso heißt wie die Band. Das Lied ist ein Versuch, der auf Anhieb gelingt. Am Ende des Stückes hat fast ein jeder im Publikum ein Lächeln auf dem Gesicht.

Vielen Dank für die Live-Fotos an: Chris Bretz!

Die nächsten Veranstaltungen von Audi Kino Kalk im Hopla:
15.02. Smokemaster + Gamma Brain
21.03. Freddy the Leaf + Driven by Clockwork
18.04. Noorvik + Rædsel
07.05. Ithaca + t.b.a
23.05. Astral Kompakt + Kombynat Robotron
27.06. Catapulco + Emerald Edge

Setlist:
Morning Mode
Der Neue Planet

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