White Willow – Future Hopes

(50:27, CD, The Laser’s Edge, 2017)
In den frühen 90ern gehörten die norwegischen White Willow neben den schwedischen Kollegen Änglagård und Anekdoten zu den angesagten Retroprog-Interpreten aus Skandinavien. Jede Band nahm danach ihren ganz eigenen Weg: Anekdoten flirteten vermehrt mit Alternative Rock, bevor ihnen 2015 mit “Until All The Ghosts Are Gone” ein fulminantes Prog-Comeback glückte. Änglagård nahmen sich relativ lange Auszeiten, blieben aber ihrem Retro-Stil mehr oder weniger treu. Bei White Willow blieb über all die Jahre Bandleader Jacob Holm-Lupo die einzige Konstante im variablen Gefüge, während White Willow einen eigenenständigen Weg zwischen melancholischem Prog, nordischem Folk, Hard Rock und leichten Gothic-Anleihen suchten.

Bereits der Vorgänger “Terminal Twilight” (2011) setzte massiv auf analoge Vintagesounds und bot mehr instrumentalen Freiraum, was auf “Future Hopes” seine Fortsetzung findet. Gerade die geschmackvoll und nicht zu überladen eingesetzten Tastenfolgen mit Nostalgieflair sorgen für stimmige Atmosphäre und melancholisch gefärbten Tiefgang. Bei White Willow steht selbst bei den Longsongs immer die Songentwicklung statt instrumentalen Overkills im Augenmerk. Es sind die feinen Zwischentöne, die zerbrechlichen, zurückgenommenen Momente, die folgende Dynamikwechsel wuchtig und majestätisch sinfonisch erstrahlen lassen. Das mag hier und da etwas ätherisch bzw. langatmig geraten, erzeugt aber ein angenehmes, unaufgeregtes Wohlgefühl in der Magengegend.

Future Hopes by White Willow

Ein Science-Fiction-Konzept hält das Werk thematisch zusammen, musikalisch betrachtet Jacob Holm-Lupo es als Fortsetzung der Vorgänger. Um besagtem Konzept Nachdruck zu verleihen, griff die Band auf ein adäquates Roger Dean-Cover zurück. Die Position der Sängerin wurde neu besetzt, wobei die sonst im Pop beheimatete Venke Knutson – sie hatte bereits beim Nebenprojekt The Opium Cartel mitgewirkt – den hohen Standard ihrer Vorgängerinnen mühelos hält. Instrumental sind Mattias Olsson (Necromonkey, ex-Änglagård), Ellen Andrea Wang (Pixel, Manu Katché Group), Lars Fredrik Frøislie (Wobbler) und Ketil Vestrum Einarsen (Kaukasus, ex-Jaga Jazzist) am Start. Gastauftritte von Hedvig Mollestad, Spirits of the Dead-Gitarrist Ole Øvstedal und Klarinettist David Krakauer runden die Besetzung ab.

Neben den fünf regulären Tracks findet sich auf “Future Hopes” als Bonusmaterial die überaus gelungene, mystisch angehauchte Coverversion ‘Animal Magnetism’ (Scorpions) sowie die dramatische kurze Keyboardnummer ‘Damnation Valley’. In unterschiedlichsten Formaten erhältlich, überzeugt “Future Hopes” als starkes Statement nordischer Melancholie.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE 8, KR 11, KS 12)

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Interview (2000)
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Abbildungen: White Willow / The Laser’s Edge