Sugarfoot – Different Stars

(45:05, CD, 180g-LP inkl. CD, Crispin Glover Records/Stickman Records, 2016)
Was tut man nicht alles für seine Freunde? Für “Different Stars”, das dritte Studio-Album der Trondheimer Band Sugarfoot, lässt sich Bent Sæther (Motorpsycho, Sugarfoot, ehemals Spidergawd) nicht lumpen, sondern sogar in die Wüste schicken. Und das aus gutem Grund: Wieder einmal öffnete David Catching (Eagles Of Death Metal) die Tür zur Rancho De La Luna.

Doch waren es weit mehr als Catchings legendäre Fertigkeiten als Produzent und Koch, welche die Norweger nach Joshua Tree zogen. Genauso wichtig war ihnen, genau jenes Kalifornien zu erleben, dass sie bisher nur aus Büchern, Filmen und von unzähligen Platten namhafter Künstler kannten. So die Aussage Øyvind Holms, der Sugarfoot zusammen mit Hogne Galåen gründete. Eine Art Hommage also. An den Ort, der zahlreiche Künstler hervorgebracht hat, die den musikalischen Werdegang des Glycopodium norwegicus beeinflusst haben. Und die Reise scheint sich gelohnt zu haben, denn mit vierzehn neuen Aufnahmen im Gepäck kamen die Jungs zurück nach Trondheim. Leider haben es nur neun davon auf das aktuelle Album geschafft. Die Auswahl scheint jedoch gelungen, denn, obgleich stilecht instrumentalisiert und gespielt, ist “Different Stars” irgendwie mehr als nur eines von vielen Country-Alben. Fast scheinen die kühlen Norweger mit Genre-üblichen Klischees zu spielen:

Das Songwriting ist gefühlvoll und intelligent gleichermaßen, und Sugarfoot übertreffen so jede weichgespülte Trucker-Idylle um Welten. Als besonders lobenswertes Beispiel hierfür sei der zweite Titel, ‘Political Disaster (In The End)’, erwähnt. Zudem scheint “Different Stars” tatsächlich eine Hommage zu sein, denn beim Hören fühlt man sich immer wieder an andere Künstler erinnert: Dass eine Folk-Platte im weitesten Sinne irgendwie immer nach Bob Dylan klingt, ist nicht verwunderlich. Doch staunt der Rezensent nicht schlecht, wenn getragen-chorale Passagen, die dem frühen David Bowie huldigen, oder ein abgewetzt klingendes Piano à la Yann Tiersen auf dem strikt klassisch instrumentierten Titel ‘Love’s Not Lost’ erklingen. Richtig kalifornisch wird es dann nochmal mit ‘So Dark The Night’, dessen Songwriting und Stimmung sehr stark an die Ballade ‘So Fine’ von Guns N’ Roses erinnert. Eine weitere Band, mit hörbarem Country-Einschlag. Es folgt der letzte und zugleich stimmungsvollste Titel, ‘Dark Shallow Grave’. Ein sphärisches Intro eröffnet ihn und unweigerlich denkt man an Pink Floyds ‘Shine On You Crazy Diamond’. Ab dem Einsetzen der Orgel, um 1:35, wandelt sich der Titel plötzlich zu einer Verneigung vor The Doors. Und wo haben die zusammengefunden? Richtig: Venice Beach, Kalifornien. Bedenkt man, dass auch Jimmy Page (Led Zeppelin), vor allem durch seine Erfahrungen in der Filmmusik, eine starke Prägung auf Americana, Folk und Country erfahren hat, strahlt Sugarfoots drittes Album plötzlich in anderem Licht: Es scheint darauf aufmerksam zu machen, dass wir diesen Genres weit mehr zu verdanken haben als kitschige Klischees von Freiheit, Patriotismus und Vaterlands-Idyll. Dass dabei nicht der erhobene Zeigefinger, sondern David Catchings Geschick als Tontechniker zum Einsatz kommt, zeigt uns noch etwas: Man muss nicht aus Joshua Tree kommen, um ein gutes Album aufzunehmen, aber es hilft!

Sugarfoots “Different Stars” ist musikalisch und technisch ein makelloses Album. Fans werden sicherlich mit Spannung auf die Veröffentlichung des restlichen Materials aus Kalifornien warten. Anhänger des härteren Bent-Sæther-Sounds werden zwar nicht unbedingt auf Ihre Kosten kommen, aber hoffentlich erkennen, dass man, spätestens seit Miles Davis, den Stellenwert eines Musikers nicht nur an Verkaufszahlen bemisst, sondern auch daran, wie viele Künstler er beeinflusst, unterstützt und hervorbringt.

Credits:
Bent Sæther – Bass, Percussion, Backing Vocals
Marianne Baudouin Lie – Cello
Even Granås – Drums
Hogne Galåen – Guitars, Mandolin
Øyvind Holm – Guitars, Vocals
Thomas Henriksen – Keyboards, Omnichord, Percussion, Backing Vocals
Roar Øien – Pedal Steel Guitar, Mandolin, Dobro
Siril Malmedal Hauge – Vocals.
Bewertung: 9/15 Punkten (PS 9, KR 8)

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