Parahelio – Surge Evelia, Surge

(49:35, Coloured Digital/Vinyl, Nécio Records, 2019/2020)
In der peruanischen Region Puno liegt der Ort La Rinconada. Dieser Ort in der Provinz San Antonio de Putina im Süden Perus ist bekannt für zwei Dinge. Zum einen ist La Rinconada ein stark frequentierter für Goldschürfende und deren Anhang. Außerdem ist der kleine Ort mit seiner Lage auf 5100 Metern über dem Meeresspiegel die höchstgelegene Stadt der Welt. Hier spielen sich die Folgen von Postkolonialismus, Kapitalismus und Umweltverschmutzung sichtbar ab. Viele Arbeiterfamilien folgten dem Ruf des Goldes, sodass La Rinconanda einst über 40.000 Einwohner zählte. Ausbeutung der schweren Arbeit, komplizierte Handelswege und ein Wirtschaftssystem mit wenig Durchlässigkeit hatten allerdings zufolge, dass hier niemand reich wurde – ganz im Gegenteil. Inzwischen hat sich die Bevölkerungszahl des Ortes auf ein Sechstel minimiert und diejenigen, die noch verblieben sind, leben in ärmlichen Verhältnissen in einer Geisterstadt mit katastrophalen Quecksilber-Verunreinigungen.

 

Diese traurige Begebenheit hat die Band Parahelio aus Lima, Peru inspiriert, das Album “Surge Evelia, Surge” zu schreiben. Es ist das zweite Album der 2015 gegründeten Post Rock Band und es erschien am 10. Mai als marmorierte Schallplatte beim ebenfalls in Lima ansässigen Label Nécio Records. Auf digitalen Kanälen (siehe Surftipps) ist “Surge Evelia, Surge” bereits seit letztem Jahr zu hören.

Auf drei instrumentalen Stücken vertonen Parahelio ihre Gedanken und Gefühle zu La Rinconada. Die Lieder passen mit ihren Längen zwischen 12 und 23 Minuten gerade so auf den schweren Tonträger. Geboten wird hier schwerfälliger aber eindrucksvoller Post Rock. Die zentralen Elemente auf “Surge Evelia, Surge” sind Melancholie und Leere. Mittels der synthetischen Klänge, die sich hinter Schlagzeug, Bass und Gitarre abheben, entsteht teilweise ein gewisses Shoegaze-Gefühl.

Anders als viele aktuelle Post-Rock-Kapellen verzichten Parahelio auf brachiale Breaks und Einflüsse aus Sludge oder Hardcore. Stattdessen erzeugen sie ein impressives Kopfkino, das die Hörenden in Zeitlupe durch die leeren Straßen der tristen Stadt führt. Es ist ein Album zum genauen Hinhören, zum Reflektieren und für ruhige Stunden. Bei guter Konzentration erblüht dieses Album in seiner vielfältigen und zutiefst melancholischen Schönheit. Für ausgelassene Momente hingegen ist “Surge Evelia, Surge” nicht gedacht und angebracht.

Teilweise lassen sich Parahelio damit zwischen Dhármico und Martia Pelepsi einordnen. Aber eben auch nicht ganz. Das zweite Album der Band aus Lima ist wie ein Soundtrack für die Postapokalypse oder wie die Erzählung von einem Ort, wo diese schon eingetroffen ist. Gelegentlich hätten stärkere Intensität und Diversität dem Album gut tun können, aber dennoch ist es ein äußerst gelungenes Stück instrumenteller Melancholie.
Bewertung: 12/15 Punkten (RG 12, KR 12)

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