Cheer-Accident – Putting Off Death

(38:24, CD, Cuneiform Records, 2017)
Nach über sechsjähriger Auszeit kehren Cheer-Accident zurück. Das Quartett aus Chicago um die beiden kreativen Köpfe Thymme Jones (Schlagzeug, Gesang, Piano, Trompete, Keyboards, Gitarre, Noise) und Jeff Libersher (Gitarre, Trompete, Gesang, Keyboards) steht in erster Linie für Avant-Prog, jedoch beginnt ihr aktueller Longplayer “Putting Off Death” erstaunlich zugänglich und geradezu fragil. Doch dauert es nur knapp vier Minuten, bis beim Opener “Language Is” Schrägheit, treibende Rhythmik und unberechenbare Dynamik zum Tragen kommen.

Cheer-Accident stehen auf ihrem mittlerweile 18. Longplayer immer noch für dissonante Experimentierfreude, gewollte Unvorhersehbarkeit und einen gewissen düsteren Unterton. Dennoch findet sich in den Klängen der Amerikaner auch etwas Versöhnliches, wird man eben nicht nur mit schwer verdaulichen Tönen überfahren. Extreme Brüche sind gewollt, aber kein Allheilmittel. Es geht hier weniger um das ständige Abrufen von Virtuosität, sondern man setzt vertrackte Sprünge und ungewöhnliche Akkorde wohldosiert ein. Alle schrägen Ansätze erfahren eine melodiöse Auflösung, die Grenze zwischen anspruchsvoller Kunst und zugänglicher Souveränität verläuft fließend.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Die Band erzeugt mit jeder Menge Gastmusiker (u.a. an Tuba, Posaune, Flöte, Saxophon) auf den sieben Tracks eine sehr weite Bandbreite von naiver Melodik über zappaeske Momente bis zu kammermusikalischen Wagnissen. Dabei ist immer eine Vorliebe für progressive Klänge der 70er-Jahre und sogar kunstvollen Pop der 60er zu erkennen. Mal wähnt man sich kurz bei den Beatles, dann lugen die Genesis der frühen Jahren um die Ecke. Andererseits macht Thymme Jones mit Sätzen wie “Progressive Rock langweilt mich immer mehr, seit es ein Genre mit jeder Menge Regeln geworden ist” klar, dass sein Hauptinteresse darin besteht, neues Terrain zu betreten.

Fazit: Zugänglicher Avantgarde-Rock auf hohem Niveau. Cheer-Accident treten übrigens am 22.September 2017 beim Freakshow Art Rock Festival in Würzburg auf.
Bewertung: 11/15 Punkten (KR 11, KS 11)

Surftipps zu Cheer-Accident:
Homepage
Bandcamp
iTunes
Soundcloud
Twitter
Cuneiform Records

Abbildungen: Cheer-Accident / Cuneiform Records